Das Rilke-Ensemble mit „Es ist Zeit!“ im Lutterbeker

Von Jörg Meyer

Lutterbek. Projekte, die sich mit der vielschichtigen Lyrik Rainer Maria Rilkes auseinandersetzen, gibt es schon einige, das des 12-köpfigen Rilke-Ensembles aus Kiel und Umgebung darf man dennoch als besonders bezeichnen. Im trotz Wintersturms fast ausverkauften Lutterbeker feierte das von der künstlerischen Leiterin und Sängerin Heike „Lou“ Schmidt eigens gegründete Ensemble mit „Es ist Zeit!“ eine reich beklatschte Premiere.

Wer war dieser Rilke? Ein melancholisch-pathetischer, vielleicht sogar „kitschiger“ Dichter, ein Freigeist, der um seiner Poesie willen „Liebe ja, Bindung und Verantwortung nein“ sagte, ein unsteter Getriebener? Die „Rilke-Family“, wie sich das Ensemble intern nennt, befragt Rilkes Poesie eher, als dass sie Antworten liefert, wie man ihn heutzutage lesen müsste oder könnte.

Entsprechend viele Lesarten gibt es an diesem Abend, die Rilke mehr als Leidenschaftlichen, denn Leidenden präsentieren. Auch musikalisch reicht das Spektrum vom ganz schlicht vertonten „Herbsttag“ über ein „Marionettentheater“ im Brecht/Weill-Stil, bei „Man muss Geduld haben“ Sprechgesangliches, das plötzlich in tanzbaren Pop mündet, seltsam versonnene Synthie-Balladen wie „Der Panther“ und „Suche nach Stille“ bis hin zum entspannten Swing-Duett „Gäb’s doch Sterne“ oder dem bewusst naiven „Badadadam“-Liebeslied „Komm, schönes Kind“, wo fast schon der Schlager herübergrüßt.

Auch wenn Rilke so ein wenig „rauf und runter“ musikalisch rezitiert wird – das ständige Auf- und Abgehen der Sängerinnen und Sänger wirkt wie eine Nummern-Revue, spinnt sich doch ein roter Faden durch das Konzert. Besser gesagt, ein so bunter, wie man ihn in Sachen Rilke kaum erwartet hätte. Und so erscheint dem Publikum, das einige Male spontane Bravos gibt, der Dichter weniger als toter, denn gerade heute noch (und wieder) quicklebendiger.

Nächstes Konzert am 14.4., 19 Uhr im BürgerInnen-Haus Kronshagen. Weitere Termine, Infos und Karten unter www.rilke-ensemble.de.