Die Singer-Songwriterin Le-Thanh Ho im Kulturladen Leuchtturm

Von Jörg Meyer

Kiel. „Ich liebe den amerikanischen Film Noir“, erzählt die aus Vietnam stammende Schauspielerin und Singer-Songwriterin Le-Thanh Ho dem Publikum im Friedrichsorter Kulturladen Leuchtturm, wo sie unter anderem ihr jüngstes Album „Staub“ und noch unveröffentlichte Lieder vorstellt. Im Film Noir „spiegele die Umwelt innere Zustände wider“ – genauso in ihren von der Kritik zurecht hochgelobten Songs.

So wundert es nicht, dass es in „Regen“, dem ersten deutschsprachigen Lied der ehemaligen Frontfrau einer Ska-Punk-Band, das es aus dem Stand auf Platz 10 der „Liederbestenliste“ schaffte, heißt: „Ich kann den Regen sehen, bevor er fällt“, und dass dies eigentlich Tränen sind „in meiner längst ertrunkenen Welt“. Ungemein poetisch sind Hos Lieder und voller schwarzer Spiegel ins Innere, wo ein „Geisterschiff“ durch die sommerglühenden Straßen Berlins segelt oder dünnhäutige Elefanten die kahlen, grauen Wände bevölkern.

(Foto: Alex Mirtschink)

Im Gegensatz zu solch’ schwarz-schillernden Bildern wirkt Le-Thanh Hos Musik geradezu spartanisch. Sie entschuldigt das damit, dass sie nicht besonders gut Gitarre und Keyboard spielen könne. Doch zu viel der Bescheidenheit, denn das karge, zuweilen gedämpfte Picking der Saiten unterstützt die melancholischen Film-Noir-Bilder umso eindringlicher. Nicht anders die atmosphärischen Geräusch-Samples oder eine kleine Spieluhr, die, gekurbelt von einer Zuhörerin, Melodisches wie ein Echo von weit her erklingen lässt.

Doch nicht nur düster sind die Innenwelten, die Ho mit wandlungsfähiger Stimme beschwört. In „Augenlicht“ ermutigt sie eine traurige Freundin – und man könnte das auch autobiografisch lesen –, die „im Spiegel“ immer nur „eine Fremde“ erblickt, sich dieser Erfahrung zu stellen, weil das Fremde Hoffnung für das Neue berge. Das schreibt sie auch dem „lieben, adretten, harmlosen und netten“ „Android“ hinter die gefühllosen Ohren – eine humorvolle Ballade gegen Anpassung um den Preis der Selbstaufgabe, die man durchaus politisch deuten darf.

Für derartige gegenseitige Bespiegelung von psychischer Innen- und physischer Außenwelt stehen auch zwei Cover, mit denen Ho auf Vorbilder verweist: Georg Danzers „Freiheit“ und Element of Crimes „Weißes Papier“. „Schönheit ist das Aufeinanderprallen von Gegensätzen“, zitiert sie schließlich André Breton, in dessen surrealistische Tradition sie sich ebenso stellt. Und das trifft ihre Musik wie das Publikum zielgenau ins licht-schwarze Herz aus „Zellophan“.

Infos und Hörproben: le-thanh.jimdo.com