Hazel Brugger rezensierte sich in der Halle 400 selbst

Von Jörg Meyer

Kiel. „Hazel Brugger passiert“ titelt das erste Solo-Programm der Poetry-Slammerin und Kabarettistin. Und in der Tat „passiert“ in der ausverkauften Halle 400 etwas für Standup Comedy Ungewöhnliches: Brugger dekonstruiert das Format, indem sie sich selbst und ihre adsurd-bizarren Geschichten karikiert.

Solcher „meta-unebener“ Beginn einer Rezension würde die 2017 mit dem Deutschen Kleinkunstpreis und dem Salzburger Stier Ausgezeichnete sicher freuen und zugleich belustigen. Für eventuell ratlose Journalisten liefert sie nämlich die Rezensionsvorlage gleich mit. Und daran wollen wir uns gern entlang hangeln. „Mit einem Augenzwinkern massiert Hazel Brugger in ihrem ersten Solo das Publikum und epiliert die sozialen Verhältnisse östlich und westlich des mittleren Emmentals.“ Nicht nur jene Schweizer Untiefen nimmt die bekennende „Paralympikerin des Poetry Slams“ dabei auf die lakonische Schippe. Auch jenes Spermium, das, eines unter vier Millionen, es geschafft hat, unsereinen zu zeugen. Eine eigentlich unverständliche Leistung, wenn frau bedenke, dass Spermien eher wie „45-jährige IT-Experten, vorne Glatze, hinten freches Pferdeschwänzchen“, aussähen.

Rezensiert sich selbst: Hazel Brugger (Pressefoto: Ornella Cacare)

Brugger „weiß also, auch unter der Gürtellinie zu überzeugen“, wenn sie „den unerigierten Penis“ als traurige Lachnummer und dessen Zeugung als ungemein süßen, aber auch extrem nervenden Fratz entlarvt. „Nicht auf den Mund gefallen nimmt sie kein Blatt vor den Mund“, heißt es weiter in ihrer Selbstrezension und bei Ein- und Auslassungen zum vorherigen Zustand der Verliebtheit, über dessen Romantik man sich keine Illusionen machen solle. Das menschliche Balzverhalten sei nämlich „grob eskaliert“, letztlich führe es doch nur dazu, „dass wir uns gegenseitig beim Verwelken zusehen“.

Womit Brugger beim Thema Tod und Vergänglichkeit ist, einem großen, nicht bloß für eine 24-Jährige. Aber selbst das nimmt sie mit solcher „hinterfotzigen“ (ihr eigenes Wort) Gelassenheit, dass sie überlegt, wie sie sich ausstopfen lassen würde, damit etwas von ihr bleibe. Und wenn sie es auch unter negativ verbucht, dass sie „an ihrem selbstgewählt niedrigen Anspruch scheitere“ – mit so viel komödiantischer Weisheit „trägt sie Farbe in die karge Kieler Kulturlandschaft“ und bleibt an der Förde schon jetzt in fröhlichster Erinnerung.

Infos und Videos: hazelbrugger.ch