Der Kieler Rapper Junjo M mit neuem Album in der Hansa48

Von Jörg Meyer

Kiel. Mit „Hip-Hop-Polizisten“ hat der Kieler MC Junjo M nach eigenen gerappten Worten nichts am Hut. Die verbietet nämlich, dass man wie einst in der „Golden Era“ des Hip-Hop funky Jazz-Samples statt der gegenwärtig üblichen langweiligen Pop-Beats als Soundtrack für durchaus garstige Reime wählt. So auch auf Junjos im März beim renommierten Berliner Underground-Label Dezi-Belle erschienenen Vinyl „Kronkorkenmuscheln“, das er am Sonnabend in der Hansa48 vorstellte.

Cover von Junjo M’s jüngstem Vinyl „Kronkorkenmuscheln“ (Foto: Dezi-Belle)

Den Versuch von Crews wie Parliament und A Tribe Called Quest, die Junjo auf seiner Facebook-Seite als Gewährsleute nennt, Hip-Hop seinen Wurzeln im Jazz rückzukoppeln, setzt Junjo fort, ahnend, das solche Oldschool die neue Newschool jenseits der jetzigen ist. Und so sind alle vermeintlichen Newschooler die, welche Junjo in Tracks wie „Achterdeck“ hart angeht, ohne dabei dem im Battle-Rap-Idiom schlagerhaft gepflegten Dissen zu verfallen.

Bild dafür sind – nicht nur im Titel-Song – die Kronkorkenmuscheln, die entstehen, wenn man den Verschluss des gerstensaftigen Treibstoffs des Texts zu Emoji-haften Monsterschnäuzchen faltet. Das süffige bis besoffene Spiel mit ihnen deutet Junjo um: „Ich bin kein Alki, ich brauch’ das für’n Kunstprojekt“, wirft er allen entgegen, die ihn ob seiner Jazz-Sample-Sammel-Wut für einen Oldschool-Rapper halten. Das Wort „Kronkorkenmuscheln“ mit seinen auf einen gewöhnlichen Four-to-the-Floor-Beat nicht passenden fünf Silben entwickelt so einen ganz eigenen komplexen Beat, den nach Snaers für Hip-Hop von heute ebenfalls untypischen, ambienten Support Georgie an den elektronischen Turntables beinahe hippie-haft fortsetzt.

Junjo M (Foto: Selfie auf Facebook)

„Junjo, du bist hot!“, tönt es darauf aus dem Publikum, womit eine weitere Dualität des Jazz aufgerufen ist. Kann man „hot“ und beboppig „cool“ zugleich sein? Junjo kann es, wenn er im Wechselgesang mit Marcipilami die „Dogmatische Kackscheiße“ der Kolleggas ad adsurdum führt. „Kackscheiße“, das schlimme Wort, bezeichnet er schon im ersten Reim treffend als wie allem Newschool-Rap in sich selbst gefangene Tautologie. Junjo hingegen „will nur rappen und Beats bauen“.

Oder er wäre ein „Ninja-Turtle“, welches das um Worte Fechten mit Scratch-Samples untermalt, die man im deutschen Hip-Hop schon lange nicht mehr gehört hat. Zumal nicht so einverstanden mitgerappt vom Publikum.

Infos und Hörproben: dezi-belle.bandcamp.com/album/kronkorkenmuscheln