Die Hans Kock Stiftung zeigt Fotografien und Zeichnungen von Andreas Trabitzsch und Wolfgang Meyer-Hesemann

Von Hannes Hansen

Bild: Wolfgang Meyer-Hesemann

Kiel. Es sind eigentümlich verwirrende, verfremdete Bilder, die die Hans Kock Stiftung auf Gut Seekamp in Schilksee zeigt, Bilder von Gefährdung und stetigem Wandel, von Veränderungen im Laufe der Jahreszeiten durch Wettereinflüsse und andere natürliche Prozesse. Über längere Zeit haben sich Andreas Trabitzsch und Wolfgang Meyer-Hesemann dem Thema des Transitorischen und der Vergänglichkeit am Beispiel des Kliffs in Schwedeneck zwischen Kieler Förde und Eckernförder  Bucht, das der Ausstellung den Namen gibt, gewidmet. Ihre Fotografien und Zeichnungen halten den Augenblick, der wenige Stunden oder Tage später schon wieder vorbei ist, fest und geben ihm Dauer im Bild.

Vom Abbild zum Bild

Solche Bildhaftigkeit eint bei aller Unterschiedlichkeit der künstlerischen Herangehensweise die Arbeiten der beiden Fotografen. Sie meiden fast durchweg das dokumentarische Abbild und suchen das Bild, das vor dem inneren Auge entsteht.

Bild: Andreas Trabitzsch

Andreas Trabitzsch benutzt dazu gerne einen Spiegel, mit dessen Hilfe er durch Überblendung Traumbilder komponiert. Bilder einer inneren Vision eines Geheimnisses, das  sich hinter dem Unscheinbaren verbirgt. Auch da, wo er scheinbar ganz schlicht und ohne fotografische Tricks einen Bruchwald hinter einem Kieselstrand zeigt, bleibt dieses Geheimnis. Das einer Natur, die einen grafischen Reiz im Gegeneinander von Licht und Dunkel, von fragilen und massiven Formen absichtslos hervorbringt.

Bild: Andreas Trabitzsch

Zu den Fotos gesellen sich „Blindzeichnungen“, die Andreas Trabitzsch mit geschlossenen Augen angefertigt hat. Es sind Zeichnungen wie ein später grafischer Niederschlag des Informel und ins Extreme getriebene Parallele zu der „écriture automatique“ der Surrealisten um André Breton oder den Frottagen Max Ernsts. Ausdruck unmittelbaren, nicht rational gesteuerten Empfindens. Diese Zeichnungen kommentieren oder ergänzen nicht die Fotografien. Wohl aber sind sie Zeugen eines vergleichbaren Schaffensprozesses.

Andreas Trabitzsch, Blindzeichnug

 

 

 

 

 

 

 

Steilküste. Bild: Wofgang Meyer-Hesemann

Anders die Fotografien Wolfgang Meyer-Hesemanns. Zum einen arbeitet er mit Überblendungen, Doppelbelichtungen und Collagen, in denen unterschiedliche Wirklichkeitsebenen verschmelzen und ein verwirrendes Abbild der Realität  schaffen. Zum anderen aber lässt er diese Realität durch Nahsicht als etwas anderes erscheinen. Als menschliches Gesicht und als grafische Struktur, die gerade noch erkennen lässt, was ihr zugrunde liegt. Oder als Rätsel wie in dem Bild eines in Form eines Fragezeichens auf dem Strand liegenden Tangstreifens. Ob Objekt des Zufalls oder absichtsvoll so gelegt, diese Naturstudie dient als kürzelhaft verknapptes Sinnbild für die ewige Wandelbarkeit der Natur.

 

 

 

Steilküste. Bild: Wofgang Meyer-Hesemann

Solch ständige Veränderung scheinen die Arbeiten Andreas Trabitzsch’ und Wolfgang Meyer-Hesemanns punktuell aufzuheben, indem sie die Zeit einfrieren und so dem Augenblick Dauer verleihen. In ihrer Zusammenstellung aber zeugen sie, indem sie Stationen markieren, von der Wirkmächtigkeit des Wandels. Man kann nie zweimal in den gleichen Fluss steigen, wussten schon Heraklit und Plato. Und man kann nie zweimal auf dem gleichen Kliff spazieren gehen.