Laila Biali bewegte ihre Song-Geschichten zwischen allen Genres

Von Jörg Meyer

Kiel. „Meine Kollegen reißen mich mit, sowas passiert im Jazz – und nicht nur da“, sagt die kanadische Jazz- und Singer-Songwriterin Laila Biali im gut besuchten Kulturforum. Gemeint sind als ebenso Beschleuniger wie Beruhiger ihrer übersprühender Verve Fabian Timm am virtuosen Kontrabass und der kongeniale Drummer Heinz Lichius.

„Got To Love“ titelt der Opener, sei inspiriert vom „roaring Brooklyn“, wo Biali lange lebte, und bildet in einem energetischen Piano-Loop das wirre und wilde Leben der Großstadt ab. Genauso das folgende „We Go“ – downtown in die City, „die niemals schläft“, sondern beboppig pulst. Biali leiht dem regen Treiben zwischen Aufruhr und stiller Kontemplation ihre timbre-reiche Stimme, die sich aufschwingt, exaltiert – auch und gerade auf dem Piano. Sie ist nicht nur Sängerin, auch eine hervorragende Jazz-Pianistin, die spielerisch zwischen Blues, Soul, Pop und Bop changiert.

(Foto: Presse/Promo)

In „Satellite“, einer erdigen Country-Ballade, sinniert sie über die Sehnsucht nach ihren „Boys“ (Mann und Sohn) in einer August-Nacht nach einem Konzert an den Niagara Falls. Ihre Songs speisen sich aus Erfahrung, beste Singer-Songwriter-Tradition, für Jazz eher ungewöhnlich. Und wie sie Eden Ahbez’ „Nature Boy“ mit „Refugees“, ihrer „Reaktion auf die Flüchtlingskrise“, also Politisches mit Privatem verbindet, das wirkt authentisch.

Wo es ruhig werden könnte, trumpft sie auf, rebelliert, rockt wie einst Joni Mitchell in „Woodstock“. Auch da waren Engel zugegen. Biali verleiht ihnen Schwingen – und den Swing, flatternd im nervösen Bebop-Beat. Wer ist noch in solchem Boot? Coldplay mit „Yellow“. Die Ballade steigert sie aus dem Sanften zum Freejazz. Dann ein weiterer Klassiker: „Night And Day“ – aber eben ganz anders, als Ella Fitzgerald ihn einst gesungen hatte, gleichwohl an sie erinnernd.

Das ist Laila Bialis Stimm- und Piano-Kunst: Dass sie den „Breakdown“ „beauty – schön“ macht in Imogen Heaps „Let Go“. Dass sie „Dolores Angel“, einer vermeintlich „Geisteskranken“, nachsingt, sie sei gesunder und erkenntnisreicher als all die „Normalen“. Dass sie im jahrmarkthaften Walzertakt von „You“ wundervoll divenhaft aus den Fugen gerät. Dass sie mit Randy Newmans „I Think, It’s Going To Rain Today“ die Regentropfen zu echten Tränen formt. Und dass sie in David Bowies „Let’s Dance“ den Pop so tanzen lässt, als sei er schon immer Jazz gewesen.

Infos und Hörproben: lailabiali.com