Kiel bemüht sich weiterhin, den Bedarf an exklusiven Wohnungen zu decken
Von Helmut Schulzeck
Kiel. Ganz exklusiv, ganz luxuriös sollte er werden, der Neubau an der Rathausstraße / Ecke Waisenhofstraße. Nun steht da eine Bauruine …
Vorangeschickt sei eine Bemerkung über die Wandlung der Bedeutung des Wortes Loft. Auf Wikipedia (Bearbeitungsstand: 6.5.2017, 19:40 UTC, abgerufen: 21.5.2018, 08:26 UTC) finden wir folgende Worterklärung: „Ein Loft, im Deutschen als Kurzform für Loftwohnung, ist ein zur Wohnung umfunktionierter Lager- oder Industrieraum. Das Wort stammt aus dem Englischen und bedeutet schlicht Dachboden bzw. Speicher. In den USA wurde Loft auf Lagerhallen und Industriegebäude übertragen.”
Und zur heutigen Verwendung von Lofts: „Heute sind Loftwohnungen nicht mehr improvisierte Wohnungen, sondern entstehen durch aufwendige Renovierung und Modernisierung alter Industriehallen und werden damit oft zu sehr teuren Wohnungen auf dem Immobilienmarkt. Damit hat sich der ursprüngliche Gedanke, durch Umnutzung alter Industriegebäude günstigen Wohnraum zu schaffen, ins Gegenteil verkehrt und wird damit zu einem Teil des Phänomens der Gentrifizierung. Teilweise werden auch offen gestaltete Neubauwohnungen als Loftwohnung angeboten; mit klassischen Lofts haben diese Angebote aber nichts zu tun, hier ist meist nur der offene Charakter oder bestimmte Gestaltungselemente (z.B. Sichtbeton, unverputztes Mauerwerk, offen verlegte Leitungen usw.) namensgebend.”
Lofts gibt es natürlich auch in Kiel. Es werden gerade einige in Rathausnähe errichtet. Neun „exklusive Wohnungen”, mit Lofts am Rathaus (abgerufen: 21.5.2018, 08:00 UTC) tituliert, werden schon seit geraumer Zeit in der Rathausstraße / Ecke Waisenhofstraße gebaut. Die Wohnungen in der Größe von 106 bis 170 m² sollen unter anderem eine „hochwertige Ausstattung” und „jeweils zwei luxuriöse Bäder” erhalten. So der Verkaufsprospekt im Internet (abgerufen: 21.5.2018, 08:15 UTC), der das Wohnen dort unter anderem folgendermaßen beschreibt: „Zeitlose Eleganz und höchster Komfort erfüllen jeden Wunsch an ein repräsentatives und exklusives Wohnen.”
Fünf der neun Wohnungen sind bis jetzt laut Angebot im Internet (Stand: 21.5.2018) verkauft. Die über zwei Ebenen führende, 170 m² große Wohnung, welche unter anderem über eine 50 m² große Terrasse im Innenhof verfügt, ist noch zu haben. Die ursprüngliche Fertigstellung des Hauses war für Herbst 2017 geplant. Momentan ruhen die Bautätigkeiten seit einigen Wochen, soweit von außen erkennbar, was nicht bedeuten muss, dass der Bedarf an hochpreisigen Wohnungen in der Kieler Innenstadt schon gedeckt ist, sondern z.B. auch mit der Hochkonjunktur in der Bauwirtschaft zusammen hängen kann, die gerade hier zu einem Fachkräftemangel führt und bei so manch einer in Planung oder Bau befindlichen Immobilie zur Verzögerungen in der Fertigstellung führen kann.
Bemerkenswert, wie die Stadt Kiel das Vorhaben auf ihrer Website (abgerufen: 21.5.2018, 9:15 UTC) preist und sich wieder einmal zum hochpreisigen Wohnungsbau bekennt.
„Die Kombination aus wohnraumschaffender Architektur der 50er Jahre in der Nachbarschaft mit moderner Architektur in Form, Materialien und Farbe von heute machen den besonderen Reiz und die Herausforderung für dieses Vorhaben aus.”
Die Architektur der 50 Jahre schuf also Wohnraum. Und heute? – Nun, nach Schlossquartier und Alter Feuerwache nur eine weitere „Glanzleistung” (das Wort fiel in der Rede von Oberbürgermeister Ulf Kämpfer auf dem Richtfest des Schlossquartiers) in der Kieler Innenstadt. Die unermüdliche Bekämpfung der Wohnraumnot nimmt kein Ende.
Nachtrag und trauriges Fazit:
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Eigentümers der „Lofts am Rathaus” wurde Mitte März 2018 am Kieler Amtsgericht eröffnet.
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