Stefan Üblacker und das Duo Reis Against The Spülmachine lasen und sangen in der Pumpe aus „Das Buch Ä“

Von Jörg Meyer

Kiel. Mit „Das Buch Ä“ schrieb Stefan Üblacker eine „autorisierte Biografie“ über die Punkband Die Ärzte. Im Roten Salon der Pumpe stellte er das Buch vor und erhielt dabei wortspielerische bis geistreich kalauernde Hilfe von dem „Musik-Coverett vom Feinsten“-Duo Reis Against The Spülmachine.

„Missunderstood Songs“, also Lieder, deren Texte man mutwillig missversteht und ihnen dadurch einen ganz neuen Witz gibt, sind im Internet Legion. Onkel Hanke und Philipp Kasburg haben als Duo Reis Against The Spülmachine dieses Genre perfektioniert, was sie gleich zu Beginn der Konzert-Lesung in der Pumpe beweisen. „Vitamine zum bösen Spiel“, so der Titel ihres aktuellen Programms, macht „gute Miene“ zu jedem kalauernden Spiel mit Liedtexten, nicht nur der Ärzte. Zur Eröffnung der „Vorband, die auch die Hauptband ist“, singen sich die beiden „Früchtchen“ durch allerlei selbige. Ärztes „Teenager-Liebe“ wird da zu „Die Nektarine“, Leonard Cohens „Halleluja“ zu einem vieldeutigen Loblied auf die Passionsfrust Maracuja. Statt „Felice Navidad“ wird „gefließt das Bad“, „Ladendiebstahl lohnt sich nicht, my Darling“, wie bei Siw Malmquist der „Liebeskummer“. Und wenn „im deutschen Lied-, äh, Leergut“ „Alle Vögel sind schon da“ erklingt, meinen die Wortreisigen eher: „Ach, es ist kein Bier mehr da, alle Flaschen alle.“

Den Ärzten und ihrem Wortwitz auf der Spur: Autor Stefan Üblacker (Foto: Björn Schaller)

Über solchen Wortwitz von „Karl Lauer“ hinaus ist das durchaus so intelligent, wie sich Die Ärzte einst einer Indizierung erwehrten: In ihrem Song „Geschwisterliebe“ über eine inzestuöse Liebe, mit dem sie „lieber bis zur Schmerzgrenze provozierten, als langweilig zu sein“ (Stefan Üblacker), und das darin „flach Legen“ übersetzten in ein unverfängliches „Dach fegen“. Saubermann-Impetus scherzend inklusive. Wenn das Duo die „saubere“ Version singt, ist das Publikum umso textsicherer „dreckig“ gegenan mit den originalen „explicit“ Lyrics.

Nicht anders, wenn das Duo und Üblacker kolportieren, wie sich der damalige bayrische Innenminister Stoiber über den Song „äh-chauffierte“. Äh, … so wird „Das Buch Äh“ kurzzeitig auch zu einer Biografie über den jetzigen, frisch gekürten Nachfolger und Bundesinnenminister Seehofer. Der will Flüchtlinge möglichst schnell wieder loswerden, wogegen Autor Üblacker sich in einer kämpferischen Eloge gegen solche Fremden-, besser: Menschenfeindschaft ins Zeug legt.

Nebenbei erzählt er die Geschichte der Ärzte als eine des fanatsievoll-punkigen Widerstands gegen das Establishment des Pop wie der ewig gestrigen Gut-Bürger. Zum Beispiel die von dem Skandal, als Die Ärzte 1987 in einer Live-TV-Sendung spontan auf den Freitod von Uwe Barschel Bezug nahmen. Solche mutwilligen Missverständnisse sind manchmal die einzigen, die uns verstehen lassen.