Matthias Göritz stellte zusammen mit Robert Habeck seinen Roman „Parker“ im Literaturhaus vor
Von Jörg Meyer
Kiel. „Nicht was man sagt, ist wichtig, sondern wie man es sagt“, ist sich der aufstrebende Politiker Mahler sicher. Und dabei soll Matthew Parker helfen, geschmeidiger „Spin-Doctor“ und Anti-Held in Matthias Göritz’ im an Polit-Skandalen reichen Kiel angesiedelten Roman „Parker“, den er zusammen mit (noch) Umwelt-Minister Robert Habeck im ausverkauften Literaturhaus vorstellte.
Fiktion oder Dokumentation dessen, wie im Zeitalter totaler Medialisierung Politik funktioniert und was dies „schmutzige Geschäft“ mit seinen Akteuren macht? Fiktion sei manchmal die bessere, weil zugespitztere Form der Dokumentation, sagt Matthias Göritz sibyllinisch. Sein Protagonist Parker folgt einem Ruf nach Kiel, um dort nach totalem Scheitern als Redenschreiber für die ganz große Politik und auch persönlich ein letztes Mal sein Glück zu versuchen. Wenn er hier nicht als Steigbügelhalter für den „neuen Macron“ Mahler reüssiert, sei er am Ende. Warum gerade in Kiel? Weil Kiel zwischen Barschels „Waterkantgate“, dem „Heide-Mörder“ und – kleinerer Skandal – Ex-Ministerpräsident Albigs BUNTE-Interview „als Stadt am Ende der Welt“ der richtige Ort für „am Ende Sein“ sei. Wissendes Gelächter.
Fiktion, Schein statt Sein, also nur zum Teil, zumal Albig, „der Gnom“, und Robert Habeck, „der Hüne im Wollpullover“, als reale Gestalten in Göritz’ Roman auftauchen. Habeck fühlt sich da „gut literarisiert“, denn Kiel sei tatsächlich eines der „rauesten politischen Pflaster“. Minutiös hat Göritz recherchiert, hat „Neujahrsempfänge für Mittelstandsvereinigungen“ besucht, sich als ausgebildeter Rhetoriker wie seine Figur Parker selbst als Ghostwriter für Politiker verdingt, um zu erforschen, wie die politische Dampfplauderei, dieses „oft zynische Geschäft“, funktioniert.
Göritz’ Roman sucht danach, „was vom Charakter in der schönen Scheußlichkeit des Deformationsprozesses Politik übrig bleibt“. Habeck fragt sich, den Autor und die gespannten Zuhörer: „Was ist noch legitimes Mittel der Werbung für die eigene Position und was ist schon bloß manipulativ?“ „Wenn ich mal riskiert habe, meine eigene Meinung zu sagen, fanden das die Menschen, auch die politischen Gegner, eher gut“, weiß Habeck. Doch werde man als ehrlich und authentisch wahrgenommen oder als Teil einer kompletten Inszenierung?
„Sauber bleiben“ kann man wohl im Geschäft um Meinungen und Macht nicht, so das traurige Fazit. Matthew Parker sieht es noch philosophischer: „Charakter ist das, was man ist, wenn niemand zuschaut.“ „Wenn Charakter immer auch Inszenierung ist, es nichts gibt neben Fiktion und Selbstdarstellung“, konstatieren Habeck und Göritz, „dann ist das wahrlich verstörend.“
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