Text- und Liederabend von Horst Stenzel und Corbin Broders feierte Premiere bei den Komödianten

Von Jörg Meyer

Kiel. Es ist eine alte Geschichte seit dem Neandertal und seit Arminus Varus schlug: die des Aufruhrs, der Revolten und Revolutionen. Da sich eine derer im Herbst zum hundertsten Male jährt, der Kieler Matrosenaufstand, schreiben der Kieler Schauspieler Horst Stenzel und sein junger Kollege Corbin Broders sie nach. „Die Gedanken sind frei“ heißt ihr Programm, das bei den Komödianten eine reich beklatschte Premiere feierte.

Einen bunten Reigen der Revolutionen, ihrer Lieder und Gedichte haben Stenzel und Broders zusammengestellt, wilde Sprünge zwischen all den Zeitenwenden inklusive. So rasen sie flink von der Antike zu den Bauernkriegen und Florian Geiers „schwarzem Haufen“, über den Europa traumatisierenden 30-jährigen Krieg, dessen Beginn sich heuer übrigens auch zum 400. Male jährt, die Französiche Revoltion, die März-Revoltion 1848, die Indianer-Aufstände in den USA bis hin zur Studentenrevolte der 68er und die Bürgerrechtsbewegung unter dem – auch ein Jahrestag – 1968 ermordeten Martin Luther King.

Singen im Duo von den Gedanken, die sind frei (Horst Stenzel (links) und Corbin Broders – Foto: ögyr)

Manches wirkt dabei erhellend für das revolutionäre Gesetz, das Karl Marx (sein Geburtstag jährte sich just zum 200. Male) entdeckt zu haben glaubte: Umstürze fänden statt, wenn „die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen“. Aber genauso viel bleibt unverbunden im Ritt durch die Revolten. Elvis als „Kulturrevolutionär“ zu bezeichnen, ist doch etwas hoch gegriffen. Klar war Rock’n’Roll auch eine Revolution, aber da hätten die Beatles wohl besser als Gewährsleute gepasst. Corbin Broders gibt den King mit legendärem Hüftschwung dennoch so authentisch, dass es spontane Bravos gibt. Noch besser aber ist er als Stimm-Double Ernst Buschs in „Der heimliche Aufstand“. Das kämpferische Pathos des „Barrikaden-Carusos“ trifft er so gut, dass man fast mal wieder aufstehen möchte gegen das Establishment und frischen Wind unter die tausend Jahre alten Talare blasen möchte …

Allein, es bleibt trotz erläuternder Zwischentexte à la Wikipedia weniger bei einem Revolutionsgeschichtspanorama als bei der Romantik der vielen (gescheiterten) Revolutionen. „Revoluzzen lohnt sich nicht, my Darling“, könnte man fast als Überschrift drüber setzen, zumal wenn zum Abschluss ausgerechnet Michael Jacksons „We Are The World“ steht. Weltverbesserung geht anders. In der Zugabe wird der Titel-Song gleichwohl vom Publikum mitgesungen. Das „Morgenrot“ lässt indes weiter auf sich warten.