Singer-Songwriter-Legende Donovan auf der Krusenkoppel

Von Jörg Meyer

Kiel. „Willkommen, liebe Blumenkinder“, begrüßt der Mitarbeiter des Kulturamts die Zuhörer auf der ausverkauften Krusenkoppel, die gekommen sind, um der Singer-Songwriter-Legende Donovan zu lauschen.

Auf seiner „The Song Of The Sea“-Tour, deren vorerst letzte Station die Kieler Woche ist, stellt der 72-Jährige die Songs von seinen 1965 erschienenen Alben „Catch The Wind“, „What’s Bin Did And What’s Bin Hid“ und „Fairy Tale“ in den Mittelpunkt, setzt also ganz auf weit Vergangenes. „Catch The Wind“ ist entsprechend der Opener, wobei man sich gleich fragt, was der eingefangene Wind wohl in Donovans Stimme geblasen hat – nämlich ein gewaltiges Vibrato, das manchmal um fast einen Halbton rauf und runter um den eigentlichen Ton wabert. Man könnte beim Titelsong meinen, Donovan wolle damit die wirren Winde, die uns durchs Leben treiben, symbolisieren. Doch dies gewaltige Vibrato setzt sich fort in der Ballade vom „Little Tin Soldier“ und tut dort dem ohnehin schon Moritaten-Gestus zu viel des Guten.

Donovan in Washington, 2007 (Foto: wikipedia / public domain)

Mutmaßungen im Publikum, ob dieses leiernde Vibrato Stimmschwächen des Gealterten überdecken solle. Er sei „ja nun auch schon recht alt“, insofern Verständnis und dennoch Irritation bei den ehedem Blumenkindern, die, so raunt einer, „wie Donovan leicht verwelkt“ seien. Aber auch im Welken steckt noch die Farbkraft der vergehenden Blüte, das beweist der fröhlich mitgeklatschte und im Refrain mitgesungene Hit „Colours“. Darin ist von den wechselnden Reflektionen des Sonnenlichts die Rede, ebenso in „To Try For The Sun“. Set-dramaturgisch ist Donovan geschickt, wenn er dieser märchenhaft verrückten Liebesgeschichte ganz reale Liebesgedichte folgen lässt – „Jennifer Juniper“ und „Josie“. Er habe viele Liebeslieder geschrieben, wenn auch nicht mit jeder der Angebeteten geschlafen. Heiße hier eine im Publikum Josie, oder würde gern so heißen? – Donovan als welkender Charmeur.

Wäre da nicht dieser zunehmend nervende Vibrator in der Stimme, würde man ihm glauben. Genauso dem „Bohemian Manifesto“ der Beat-Poeten, dem er in „Sunny Goodge Street“ ein kleines Denkmal setzte. Nicht anders in der gälisch-keltischen Kultur mit ihren Poeten, denen sich Donovan in Nachfolge empfindet. Das zündet nicht unbedingt. Doch dann kommt Buffy Sainte-Maries „Donna, Donna“, welches durchaus kämpferische Lied erst in Donovans Version zum Hit wurde. Verwelkt wirkt das gar nicht mehr, blüht auf, trotz all der Vibratos.

Donovans Website mit Hörproben: donovan.ie