Der 10. Bootshafensommer startete bei bestem Wetter in einen rockigen Sommerabend

Von Jörg Meyer

Kiel. Wenn der australische Singer-Songwriter Rob Longstaff den ersten Abend des 10. Bootshafensommers eröffnet, kommt bei noch strahlendem Frühabendsonnenschein bluesig-soulige Lagerfeuerstimmung auf. Die Kieler Punkrocker Dieter Jackson sägen darauf ein ziemlich hartes Gitarrenbrett, gefolgt vom entspannten „Fresh Folk“ des südafrikanischen Trios JPson und den funky reggaenden Offbeats der Berliner Riders Connection. Ein gelungener Auftakt für den, so das diesjährige Motto, „Sommer der Demokratie“.

Globetrotter mit Blues: Rob Longstaff (Fotos: ögyr)

Rob Longstaff ist ein passionierter Globetrotter. Seine Songs entstehen auf und berichten von der ständigen Wanderschaft. Und mit zerschlissener Gitarre und Jeans, barfuß nicht auf der Wasserbühne, sondern ganz nah am Publikum mutet er wie einer der trampenden Gitarreros der Sixties an, Songs unbedingt handgemacht, wenn auch auf USB-Stick direkt bei ihm erwerbbar. „Falls ihr die Songs nicht mögt, könnt ihr sie ja löschen, dann habt ihr immer noch einen brauchbaren Massenspeicher“, scherzt er. Das würde natürlich niemand machen, denn manche von Robs bluesigen Songs sind so „schwarz“ gesungen und so „jazzy“ gescattet, wenn er Trompeten- und Posaunen-Soli imitiert, dass man den digitalen Stick gern mitten ins immer noch analog liebende Herz „pluggt“. Die Geister ehemaliger Bewohner, die er im New Yorker Chelsea Hotel überall wispern hört, bezirzt er wie uns mit seiner hellen und zugleich Satchmo-powernden Stimme. Auch Cover wie „Ain’t Nobody Loves Me Better“ bekommen dadurch eine ganz eigene, neue Dimension – Lagerfeuer am Strand …

Brettharter Punk und eingängige Riffs: Dieter Jackson

Die Liebeslieder von Dieter Jackson zünden in solcher Glut steile Punkrock-Raketen. Sommergitarrengewitter aller Orten, nur heute nicht am Himmel, über dessen Westhorizont hinterm Rathausturm sich die Sonne seicht senkt. Das gewöhnlich recht eindimensionale Punkrock-Idiom bereichern die heute nur drei Kieler mit melodisch-eingängigen Riffs. Die fetten Gitarrenflächen werden durch nicht minder prominent hardrockende Staccati ersetzt, wenn das Trio ist „Heading For Underground“.

„Fresh Folk“ von JPson

Da die Dieters kürzer spielen, als zunächst gedacht, springt nochmal Rob ein und gibt dem Abend erneut den lagerfeuerromantischen Aspekt. Da stehen JPson und sein Duo (Kontrabass und handgeschlagene Drums) nicht nach. JPson, ebenfalls musikalischer Weltenbummler, bekennt: „Meine Heimat ist da, wo ich bin.“ „It’s not easy“, titelt gleichwohl ein Song über Distanzbeziehungen des ewig Suchenden und Reisenden. Umso leichter kommt der Song daher und lädt zum Tanzen vor der Bühne ein.

Die Nacht dämmert schon, wenn die Berliner Riders Connection den Abend mit charmantem Reggae-Beatboxing beschließt. Das Wilde und das Sanfte reichen sich die Hände, reich beklatscht von denen des Publikums.