Die Investitionsbank Schleswig-Holstein baut an der Hörn

Von Helmut Schulzeck

Kiel. Vor einigen Tagen wurde der geplante Neubau der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) (Baubeginn: nächstes Frühjahr, Fertigstellung: zwei Jahre später) der Öffentlichkeit vorgestellt. Der erste Eindruck bestätigt sich auch beim genaueren Hinsehen. Lapidar formuliert: zwei weitere Klötze auf dem Ostufer der Hörn. Der große Wurf ist nicht gelungen, war vielleicht auch nicht angestrebt.

Baudezernentin Doris Grondkes Beteuerungen, bei der Beurteilung der Architekturentwürfe gehe es um „Proportion, Maßstab und Gliederung” und dabei liege „die Wertigkeit im Detail”, haben einen speziellen Aussagewert, der gegen Null tendiert. Diese Grundsätzlichkeiten sind sowieso in der Regel anzulegen, haben also als Allgemeinplätze wenig Genaues zu bieten. Auch lässt Frau Grondkes kritische Einwände von Seiten der CDU abwehrende Äußerung, „eine Debatte über reine Äußerlichkeiten führe nicht weiter”, eine seltsame Nichtbeachtung bzw. Zurückstufung der optischen Wirkung und Wertigkeit von Architektur vermuten, die sich bekanntlich auch durch Gestaltung von äußerlichen Formen ausdrückt. Da hilft es nichts, nach außen hin Sichtbares mit der Vokabel „Äußerlichkeit” denunzieren zu wollen. Wir betrachten eben Architektur auch von außen, also äußerlich.

Eine Visualisierung des geplanten Neubaus der Investitionsbank Schleswig-Holstein. (Foto: HW+P)

Sicherlich sind die geplanten IB.SH-Neubauten in vielen Details zu begrüßen. So sieht zum Beispiel die aufgelockerte Gestaltung der Innenhöfe auf den Architekturvisualisierungen ganz ansprechend aus. Betrachtet man aber den Bau in Gänze, lässt sich die Beurteilung des baupolitischen Sprechers der Kieler CDU, Florian Weigel, der von „ideenloser Klötzchenarchitektur” spricht, durchaus nachvollziehen. Nicht nur die CDU hatte sich bei diesem finanzkräftigen Bauherrn „ein architektonisch herausragendes Gebäude” erhofft. Statt dessen ergibt sich wie üblich das alltägliche Einerlei. Was als Einzelfall ja gar nicht so schlimm wäre, aber in seiner Häufung eben zu dem führt, was bisher an der Kieler Hörn zu betrachten ist. Überspitzt formuliert kann man sagen: Die Immobilien-Investoren für die Gebäude rund um die Hörn bleiben sich in ihrem architektonischen „Gestaltungs(un)willen” treu und folgen weiterhin ihren „nonkreativen Maximen” der letzten Jahrzehnte, die in der Rückschau erstmals mit dem „panzersperrartigen” Provinzialgebäude umgesetzt wurden, das hinsichtlich Hässlichkeit selbst in Kiel seines Gleichen sucht.

Das CAP am Hauptbahnhof in seiner monotonen Länge. (Foto: Helmut Schulzeck)

Schauen wir uns die Gebäude am Förde-Ende an, beginnend mit dem leicht protzigen, noch im Bau befindlichen neuen Parkhaus über dem neuen ZOB, einem weiteren daneben noch zu errichtenden Hotelklotz sowie dem Atlantic Hotel über das CAP am Hauptbahnhof, dem dunkelbräunlichen Provinzial-Gebäudekomplex, dem neuen, höchstwahrscheinlich doch irgendwann fertig werdenden Hallenbad (erwähne ich hier trotz seiner Randlage, weil es den gleichen Gestaltungsprinzipien geschuldet scheint) bis hin zu den schon fertigen oder noch in Planung befindlichen Büro- und Wohnungskästen auf dem Ostufer, die mit dem ursprünglich nach dem Kurzzeitmilliardär und Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid „Schmidtower” benannten „Hochhauscenter am Germaniahafen” ihren Abschluss finden.

Wie ein futuristischer Bunker: der Schwimmhallen-Monolith in seiner strengen Intransparenz. (Foto: Helmut Schulzeck)

Diese das Hafenbecken rahmenden Gebäude bilden in ihrer Gesamtheit eine traurige Ansammlung von einfallslosen Investitionsklötzen, welche die einmalige maritime Vorzugslage der Hörn ignorierend das Hafenbecken geradezu optisch verriegeln und mit provinzieller Einfalt die reizvolle Wasserlage zubauen. Allein das geschwungene Hörn-Campus-Gebäude mit seiner silbern glänzenden Fassade bildet für sich genommen eine positive Ausnahme, die aber gleich wieder durch ihre problematische Lage eine Angriffsfläche bietet. Eine der für Kiel herausragenden Sichtachsen, nämlich die von der Gablenzbrücke zum Hafen in die Hörn hinein, wird durch den eleganten Bau erheblich entwertet, da er wie eine optische Sperre den maritimen Panoramablick auf den Innenhafen mit seinen Förde- und Fährschiffen einschränkt.

Der Hörn Campus (links) als architektonische Ausnahmeerscheinung an der Hörn mit dem finsterbraunen Provinzialgebäude als Gegenüber. (Foto: Helmut Schulzeck)

Allen Gebäuden bis auf den Hörn-Campus gemein ist ihre langweilige 08/15-Fassaden-Gestaltung, die in ihrer monotonen Beliebigkeit keine Rücksicht auf ihre Umgebung nimmt, vielmehr nur eine serielle Architektur wie vom Fließband bietet und sich nicht zutraut, auch nur irgendeinen Akzent zu setzen, welcher der besonderen Lage am Wasser Beachtung schenkt bzw. ihr gerecht wird. Indifferenz allerorten, weil es an gestalterischem Willen, um nicht zu sagen an Fantasie mangelt, sich auf die Umgebung adäquat einzulassen, sich ihr architektonisch zu öffnen. Platte Funktionalität der Büro- bzw. Wohngebäude bestimmt das Bild.

Für die Stadt Kiel spielen solche formalen und ästhetischen städtebaulichen Gesichtspunkte traditionell nur eine untergeordnete Rolle. Sonst würde sie besonders im Zentrum nicht so aussehen, wie sie nun mal aussieht. Nicht nur für Oberbürgermeister Ulf Kämpfer gilt: Hauptsache es wird endlich investiert und gebaut, so wie in der Innenstadt. Und so jubiliert Kiel nicht ohne Stolz: „In den kommenden Jahren wird sich das Hörn-Areal weiter wandeln. Es entsteht ein lebendiges Quartier – ’Wohnen und Arbeiten am Wasser’.“

Der Hochhauskomplex am Germaniahafen. (Foto: Helmut Schulzeck)

Die Fördestadt versucht sich, gar nicht bescheiden, am Image von Hamburgs Hafen City, dem größten innerstädtischen Stadtentwicklungsprojekt Europas, zu orientieren, und hat dem ehemaligen Werft-Areal an der Hörn den schicken Namen Kai-City verpasst. Klotz-City wäre bisher zutreffender. Eigentlich sollte hier schon 2018 im doppelten Sinne geklotzt statt gekleckert werden. Doch selbst zu Hochkonjunkturzeiten brauchen die angestrebten Finanzierungen ihre Zeit, ganz zu schweigen von Planung und Realisierung. Neben der Investitionsbank Schleswig-Holstein planen zwei große Investitionsgruppen im großen Stil. Da ist zum einen die Deutsche Immobilien Projektentwicklung. Sie will zwischen der Halle 400 und der Gablenzbrücke für rund 100 Millionen Euro fast 400 Wohnungen, Gewerbeflächen und ein Parkhaus finanzieren. Daneben hat sich die Projektgemeinschaft Hörnbebauung, bestehend aus zehn regionalen Immobilienunternehmen und -institutionen, gegründet. Mit einem Investitionsvolumen von 120 Millionen Euro will sie auf der Fläche zwischen Germaniahafen und Telekom-Gebäude 400 Wohnungen und 400 Gewerbeeinheiten bauen. Vielleicht gelingt es ja dieser regionalen Investorengruppe im Zusammenspiel mit öffentlicher Förderung, eine vielfältige und lebenswerte Bebauung zu realisieren, die eine Bresche in den bisherigen architektonischen Einheitsbrei der Kai-City schlägt und daneben, was noch wichtiger wäre, Normalverdienern ermöglicht, auch einmal eine erschwingliche neue Mietwohnung in attraktiver Innenstadtlage zu bekommen.