Schumann-Kenner Francesco Piemontesi in der Kieler Fördesparkasse
Von Jörg Meyer
Kiel. Robert Schumanns Klavierzyklus „Kreisleriana op. 16“ stand im Mittelpunkt des Konzerts in der Kieler Fördesparkasse, zu dem das SHMF einen ausgewiesenen Schumann-Kenner, den Schweizer Pianisten Francesco Piemontesi, eingeladen hatte.
Die „Kreisleriana“ gelten als ein Schlüsselwerk der Romantik, weil Schumann darin die strenge Form des Sonatenhauptsatzes zugunsten der freieren, mehr persönlichen Ausdruck bietenden Fantasie aufbricht, was seinerzeit den Freund Chopin, dem Schumann das Werk widmete, fragen ließ, ob „das denn überhaupt noch Musik“ sei. Musik sind die „Kreisleriana“ gewiss, nur eben zu ihrer Zeit erstaunlich neue.
Auch Franz Schubert hatte in seinen „Impromptus op. 142“ solches Neuland betreten, obwohl bereits Schumann in einer Rezension mutmaßte, das vierteilige Werk sei eine „verkappte“ Sonate. In solchem Sinne stellt Piemontesi die „Impromptus“ als Prolog für den Übergang von Sonate zur freien Fantasie an den Anfang des Konzerts. Gerade durch die expressive Dynamik seines Spiels, besonders in den Variationen der Nr. 3 (B-Dur), plädiert er aber eindeutig für Fantasie statt Sonate.
Noch „fantastischer“ sind allerdings Schumanns an die Figur des unglücklichen Kapellmeisters Kreisler aus E.T.A. Hoffmanns gleichnamiger Erzählung angelehnten „Kreisleriana“. Wenn auch lediglich eine Sammlung, arbeitet Piemontesi darin die roten Fäden heraus, die die acht Stücke klanglich wie in den tief emotionalen Kontrasten zu einem Ganzen verweben.
Dennoch sind die „Kreisleriana“ in Piemontesis Interpretation nicht nur „musikalisches Selbstporträt“ Schumanns, sondern vor allem von den Schranken der Form befreite „Musik über Musik“, als welche auch Maximilian Schnaus (geb. 1986) seine „transparency study“ bezeichnet. Die Auftragskomposition des SHMF, die hier zur Uraufführung kommt, dreht Themenfragmente aus den „Kreisleriana“ buchstäblich durch den Wolf, schichtet sie neu und assoziativ zu einer berauschenden Fantasie über die Fantasie.
Schreibe einen Kommentar