Neue Musik Eckernförde mit „stream – im Fluss“ überzeugte an drei Orten
Von Jörg Meyer
Eckernförde. „Panta rhei – alles fließt“, wussten schon die antiken griechischen Philosophen von Heraklit bis Plato. Unter das Motto „stream – im Fluss“ stellte daher das Ensemble Reflexion K sein Wanderkonzert quer durch Eckernförde und ganz unterschiedliche Klangwelten der Neuen Musik.

Im Mahlstrom der Klänge: Joachim Striepens und Lenka Zupkova vor dem Konzertauftakt im Künstlerhaus. (Foto: Meyer)
Ausgangs- und Zielhafen war das Künstlerhaus Otte 1, wo mit Salvatore Sciarrinos 1995 komponierter „Ommaggio a Burri“ für Altflöte (Beatrix Wagner), Violine (Lenka Zupkova) und Bassklarinette (Joachim Striepens) die vielfältigen Klangwelten der „älteren“ Neuen Musik die Wanderung eröffneten. Konsonantenartige „Plopps“ und hechelnde Stoßatmung der Bläser kontrastieren die zwirbelnd „zwitschernde“ Violine.

Zwischen Klang- und Bildkunst: Joachim Striepens bei Gerald Eckerts „Schemen – Feld 30“ in der Galerie NEMO. (Foto: Meyer)
Szenen- und Ortswechsel: Wir wandern durch den weit windstilleren Sommerabend zur Expendance der Galerie NEMO am Strand, wo Joachim Striepens und Gerald Eckert (Elektronik) neben Eckerts Video-Klanginstallation „Brandung“ auch „Schemen – Feld 30“ zu Gehör bringen. Bassklarinette und Elektronik wetteifern um die Ober- und Untertöne, die eine sphärische Klanggrafik zeichnen, den ausgestellten Bildern nicht unverwandt in Abstraktion und Verdichtung.
200 Meter entfernt herrscht Andrang im engen Pastorat der St. Nicolai-Gemeinde im Langlo-Haus. Lenka Zupkova verleiht auf ihrer Geige Adriana Hölskys „like a bird – Hommage à György Kurtág“ den Klängen Flügel, wobei nicht nur die Laute der Nachtigall und anderen Geflügels imitiert werden, auch ihre flinken Bewegungen, das Hüpfen, das Picken und Flattern. Wundervoll nicht nur Zupkovas bewegtes Spiel, auch wie sie hernach Einblick bietet ins Notenmaterial solch ebenso seltsamer wie „natürlicher“, den Vögeln abgelauschter Klänge.
Zurück gewandert ins Künstlerhaus, wo Beatrix Wagner erläutert, wie sie die Uraufführung des für sie von Pablo Araya geschriebenen „PHOWA“ einstudierte, zum Teil über Skype im direkten Dialog mit dem argentinischen Komponisten. Der Titel geht auf das buddhistische Wort für „freudig leichtes Sterben“ zurück. Entsprechend ekstatisch wird hier die Bassflöte nicht nur geblasen, sondern auch malträtiert: Freudiges Sterben als Quicklebendigkeit.
Und jetzt sind auch die übrigen Reflexion-K-Musiker zurück von ihren Ausflügen. Zum Abschluss liegt Helena Tulves dem Wanderkonzert den Titel gebendes „stream“ auf den Notenpulten. Und hier strömt es nochmal, gibt ein Klang den anderen, sind die Pfade und Wanderstäbe so angenehm wellend, dass es eine wahre „Kaperfahrt“ durch die gegenwärtige Neue Musik ist.
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