Sommerkonzert des LandesJugendEnsembles für Neue Musik

Von Jörg Meyer

Kiel. Bach-Choräle aus dem „Wohltemperierten Klavier“ collagiert George Crumb in seiner „Music of the Starry Night“, Auftakt für das Sommerkonzert des LandesJugendEnsembles für Neue Musik unter Leitung von Johannes Fischer in der Aula der Fachhochschule Kiel: Neue Musik im Dialog mit der alten.

Zwei Schlagwerker, zwei Pianisten – Bach hätte es geliebt. Und Bartok mit seinem „Mikrokosmos“, den Crumb in einen „Makrokosmos“ ummünzt, denn Bescheidenheit ist keine Tugend. Auch nicht in der Poesie eines, der in seinen Turm floh. Hölderlin alias „Scardanelli“ hat sich Heinz Holliger vorgenommen und lässt das Streicher-Septett nur Flageoletts spielen. Wo Bach sich wohltemperiert gab, sind hier Naturtonreihen am wispernden Werk. Durch Holliger/Hölderlins „Eisblumen“ scheint wie hinter dem Himmel ein Bach-Choral, erahnt, doch nie in den Noten, weil Musik wie Poesie ein Wähnendes ist.

Aufs Minimale reduziert sind ebenso Edison Denisovs „Two Pieces for three Instruments“, die ironisch altes Andante und Allegro, also die barocke Kombi „langsam-schnell“ zitieren. Gavin Bryars legt mit „The Sinking of the Titanic“ großflächig nach. Die opernhafte Klang-Collage zieht mit dem im Raum verteilten Orchester alle Register. Man versinkt im Choral-Zitat „Nearer my God to Thee“ wie einst das Quartett, das bis zum Untergang spielte. Zeit löst sich auf, bleibt stehen, beschleunigt, wenn der Choral immer wieder zitiert und „im Echoraum“ dekonstruiert wird. Der britische Komponist, der zahlreiche Theatermusiken komponierte, vexierspiegelt das berühmte Thema, schickt es durch die im Raum verteilten Grüppchen und loopt es elektronisch verfremdet, bis das Schiff im Orkus untergeht. Zwischendrin die Worte der Barflys und die Schreie der Ertrinkenden, während das Schiff krachend und kratzend über Bug versinkt.

Ein Tanz auf dem Vulkan des frühen 20. Jahrhunderts, den die koreanische Komponistin Unsuk Chin jahrmarktlich inszeniert. „Gougalon“ steht für Gauklertum und Tumult, zuweilen jazzrockig. Eine wilde Collage, in der das Orchester alles gibt und zugleich sinnend sinnlich verschweigt.

Links: