Ulla Meinecke gab sich beim Duckstein Festival poetisch und politisch
Von Jörg Meyer
Kiel. „Wenn schon nicht für immer, dann wenigstens für ewig“ titelte vor 35 Jahren das Album, mit dem Ulla Meinecke den Durchbruch schaffte. Kürzlich wurde die Songpoetin und Autorin 65, denkt aber nicht an Rente, wie sie beim Duckstein Festival zusammen mit ihren Trio-Partnern Ingo York an Gitarre und Fußschlagzeug und Keyboarder Reinmar Henschke in alten und neuen Songs bewies, die ebenso aktuell wie zeitlos sind.
Von Alter wie gesagt keine Spur, gerade auch in Meineckes Stimme, die schon immer besonders war und nun noch samtiger gereift scheint. Man könnte auch sagen, erotisch, wenn sie die „Süßen Sünden“ beschwört, die Männer so gern mal begehen, auch wenn es Meineckes lyrischem Ich mit all den Frauen, an die die Männer noch so denken, „zu eng im Bett“ wird. Eine starke, emanzipierte Frau ist sie noch immer und hat daher auch die „50 Tipps ihn zu verlassen“ parat, ein Vademecum, um möglichst wenig verletzt durch die Wirren der Liebe zu kommen. Natürlich liebt sie wie schon als Kind Mark Twains Helden Tom Sawyer und Huck Finn, aber „Wer will schon Becky Thatcher sein?“ titelt sie bissig über „Marzipanpuppenmädchen“. Nein, sie wollte schon immer „der staubige Reiter“ sein, wofür York und Henschke den passenden Country-Soundtrack liefern.
Dennoch kommt die Romantik nicht zu kurz, wo es im irischen Traditional „Star Of The County Down“ musikalisch wandlungsfähig vom Mississippi an den Liffey geht oder sie Tom Pettys „Handle With Care“ eigenwillig jazzig covert. Ebenso die „Tänzerin im Sturm“, die sie in der ersten Zugabe nochmal durch die Clubs der 80er tingeln lässt, verkörpert diese aufgeklärt-kritische Romantik.
Apropos Sturm: Der weht uns zur Zeit ja von rechtsaußen entgegen, was Meinecke nicht unkommentiert lassen mag. In „Das war schon immer so, doch wer will, dass das wahr bleibt?“ und in „Wenn wir Glück haben“ (am richtigen Ort geboren zu sein) (original von Bernd Begemann) wendet sie sich in bester politischer Liedermachertradition gegen die Ewiggestrigen von AfD und Co., die alles hassen, was ihnen fremd scheint.
Dagegen wagt Meinecke weiter, poetisch zu träumen, obwohl sie zu bedenken gibt, dass „seinen Traum wahr zu machen, einen hohen Preis fordert, nämlich den Traum“. Doch wenn in der zweiten Zugabe, ihrem ersten Lied, das sie für Udo Lindenberg schrieb, Gitarrist York vor ihr anbetend kniet, dann werden Träume wahr – „wenn schon nicht für immer, dann wenigstens für ewig“.
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