Die TV-Serie „Lindenstraße“ mal wieder mit einer medialen Innovation – ein kleines Requiem für Hans Beimer
Von Jörg Meyer
Köln/Kiel. Ich hatte es an dieser Stelle ja schon mal bekannt: Ich bin „Lindenstraße“-Fan. Gestern war ich es umso mehr, als Hans W. Geißendörfers Dauerserie (seit 1985) wiederum ein Experiment wagte. Zum Serien-Tod des von Anfang an Hans Beimer (Joachim Hermann Luger) spielte live das WDR-Funkhausorchester gleichsam ein Requiem.
Was hat der „Hansemann“ alles erlebt? Scheidung von Helga „Mutter“ Beimer (Marie-Luise Marjan), neue Liebe durch ganz viel Wirnisse mit Anna Ziegler (Irene Fischer – vielfach auch Drehbuchautorin), Arbeitslosigkeit, zeitweiser Alkoholismus und schließlich Parkinson, das ganze Programm eines (wenn nicht auch meines) bewegten Lebens also.
Nun stirbt er, der für den Jakobsweg seit rund 10 Folgen trainierte, ganz sanft – sieht noch die Herbstsonne untergehen – inmitten der beiden Frauen seines Lebens, Anna und Helga. So möchte man sterben.
Haben Geißendörfer und seine inzwischen zahlreichen RegisseurInnen überinszeniert? Eher nicht. „Lindenstraße“ steht schon seit ein paar Jahren für eher zarte, einfühlsame Regie. Und selbst die Musik, symphonie-gewaltig in dieser außergewöhnlichen Folge Nr. 1685, hält sich zurück, wird allenfalls im symbolträchtigen Wald mal allzu groß.
Die älteste und langlebigste TV-Serie verabschiedet jetzt einen ihrer Protagonisten. Das hat sie schon und schön öfter getan (zuletzt Erich Schiller aka Bill Mockridge). Mein Freund und Autorenkollege Klavki (gestorben 2009) sagte einst in „Der Wolkenhändler“: „Dritte Regel: Lassen Sie niemals Ihre Hauptperson sterben. Dritte Regel: Tu alles, dass deine Hauptperon nicht stirbt.“
Aber sie sterben, die Hauptpersonen wie Hans Beimer. Sie tun das leise und im Herbstlicht unter den Linden. Und vielleicht sagen sie nicht mehr, aber denken noch, was Freund Klavki dachte, als er starb: „Es gibt ein Mädchen, dem möchte ich die Angst für alle Tage wegstreicheln.“
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