Das Alison Rayner Quintet und das Sir Bradley Quartett jazzten im KulturForum gegen den Brexit

Von Jörg Meyer

Kiel. „An Antidote to Brexit!“ nennen das Londoner Alison Rayner Quintet und das Sir Bradley Quartett aus Hamburg ihre kleine Deutschland-Tour, auf deren letzter Station sie im KulturForum Halt machten. Sieben Jazz-Musikerinnen und zwei -Musiker wollen in Zeiten des drohenden Brexit ein Zeichen setzen für eine grenzüberschreitende gemeinsame europäische Kultur.

Was wäre dafür besser geeignet als europäischer Jazz, gespielt mit Frauenpower und zugleich Poesie? Damit die Sonne weiter über ganz Europa scheine, auch über der britischen Insel, begeben sich die Hamburgerinnen Doro Offermann (Saxofon), Luise Determann (Gitarre), Maria Rothfuchs (Kontrabass) und Annette Kayser (Schlagzeug) gleich zu Beginn auf den „Sun Trip“ – mit burschikosem Groove und weiblicher Intuition für die melodische Poesie des Modern Jazz. Bei „Trip“ denkt frau nicht von Ungefähr auch an einen Rausch, der aus loopendem Bass-Riff, vorwärts drängenden Impros auf Sax und Gitarre und den mit britisch-hanseatischem Understatement geschlagenen Drums eine sogleich in den Song ziehende Magie entfaltet.

Oder an die (musikalische) Wirkung eines süd-europäischen Kräuterschnapses namens „Hierbas“, wo der Kater, den frau davon bekommt, nicht kläglich mauzt, sondern die Krallen auf dem rau gestrichenen Bass und den licht glühenden Becken zeigt. Auch an der Stellschraube Tempo lässt sich drehen, denn die folgenden Stücke ähneln sich harmonisch stark. Während in „Rainbow Mountain“ die Anden-Nebel sanft steigen, laden sie in „Skullrace“ zum rhythmisch vertrackten Hexentanz. Das Publikum spart nicht mit Szenenapplaus für die Soli und fordert eine außerplanmäßige Zugabe.

Alison Rayner Quintet (Pressefoto)

Solche Energie – stets gedacht als erwachsend aus einer gemeinsamen europäischen (Jazz-) Kultur – speist auch „A Magic Life“, Titelsong des zweiten Albums des kürzlich zur besten britischen Jazz-Combo gekürten Alison Rayner Quintet. Auch hier regiert rund um die Bassistin und Komponistin Alison Rayner Frauenpower von Diane McLoughlin (Saxofon), Deirdre Cartwright (Gitarre) und den beiden Rhythmikern Steve Lodder (Piano) und Buster Birch (Schlagzeug). Und das über Europa hinausweisend im indisch angehauchten „The Trunk Call“ mit der Gitarre im Sitar-Sound. Wenn sich schließlich in „Half A World Away“ Beats und Dynamik stets weiter steigern – und verbinden –, dann ist das ein eindeutiges Plädoyer à la: Brexit hin oder her, nicht nur als Jazzerinnen lassen wir uns nicht trennen und werden auch erneuerte Grenzen überwinden.

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