Premiere der Musical-Academy Schleswig-Holstein im Landtag
Von Jörg Meyer
Kiel. Soll sie oder soll sie nicht?, fragt sich die frisch gekürte Kanzlerkandidatin Rena Wiechmann in „Vertrauensfrage“, einem „Political“ (Polit-Musical), mit dem die am Rendsburger Nordkolleg neu gegründete Musical-Academy Schleswig-Holstein („MASH!“) im mal ganz anders als sonst voll besetzten Landtag eine dreifache Premiere feierte.
Premiere 1: Der erste Auftritt der MASH!, die „aktuelle Themen an authentischen Orten im Musical“ zeigen will. Premiere 2: Die Uraufführung des Politicals „Vertrauensfrage“ von Sonja Diercks und Robert Becker unter der Regie von Claudia Piehl und Choreografie von Katrin Merkl mit 16 Laien-Darstellerinnen und -Sängerinnen. Premiere 3: Der Plenarsaal des Landtags erstmals in seiner Geschichte als Musical-Bühne.

Singen für den Idealismus in der Politik (v.l.: Annette Peters als „Die Demokratie“, Petra Nebel als Rena Wiechmann, Ben Gottuk als Wiechmanns „verlorener“ Sohn Enno (Foto: ögyr)
Rena Wiechmann (souverän mit sich hadernd: Petra Nebel, Ähnlichkeiten mit der Ex-Ministerpräsidentin Heide Simonis äußerlich nur zufällig, innerlich eher nicht) will, getrieben von ihrem politischen Ziehvater Dr. Albrecht Hartung (Polit-Establishment im Nadelstreif: Holger Radix), die Kanzlerkandidatur wagen – gegen alle äußeren, vor allem aber inneren Widerstände. Aber was wird der Preis dafür sein? Eigene Verleugnung und das Unverständnis ihres längst schon „verlorenen“ Sohns Enno? Wiechmann befragt ihr „inneres (Kompetenz-) Team“, bestehend aus den Figuren Leidenschaft, Idealismus, Offensive, inneres Kind, Empathie, Erfolg, Angst und Intellekt – gute, aber wie im „inneren Plenarsaal“ streitende Ratgeber jeder Politikerin. Sie plädieren, sie fetzen sich, sie sind Konkurrentinnen. Doch eben diesen stellt die Kandidatin die Vertrauensfrage. „Die Angst“ zagt, auch „die Empathie“ ist Bedenkenträgerin, während „der Erfolg“ anfeuert, „der Intellekt“ wortgewandt dampfplaudert, „das innere Kind“ pippi-langstrümpfig opponiert und „die Offensive“ sowieso immer schnell punkig auf dem Tisch und gegen alles ist.
Ein ewiger (innerer) Kampf, in den sich auch die ganz realen Konkurrenten einmischen, um Wiechmann ein Bein zu stellen – das „schmutzige“ politische Geschäft eben. Bei der Abstimmung sind dann doch alle für die Kandidatur. Allein, „der Idealismus“ hat sich enthalten, was die Kandidatin lernen lässt: Ohne ihn geht Politik nicht.
Und das ist wohl die „Moral“ dieses „Politicals“ im Finale, wo alle Musical-Register gezogen werden: Dass Politik ohne Ideale weder für ihre Akteure, noch für die von ihr Vertretenen und Regierten glaubhaft ist. Die realen Abgeordneten, die hier morgen wieder ihr „Polittheater“ aufspielen, mögen es sich zu Herzen nehmen.
Infos über das Projekt und MASH!: www.mash.sh.
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