Es rauschte mächtig im Blätterwald, als das Dessauer Bauhaus das Konzert der Band Feine Sahne Fischfilet absagte, weil man rechte Gewalt gegen die linke Band und das Bauhaus befürchtete. Der Band, die gerade mit ihrem jüngsten Album „Sturm & Dreck“ auf Tour ist, brachte das jede Menge Promo und Solidarität. H&M-Kulturblogger Jörg Meyer sprach mit Gitarrist Christoph Sell über die „Causa Bauhaus“, Politik in Zeiten des Rechtsrucks und das neue Album.
Interview: Jörg Meyer
Die Presse hat euch mal „die gefährlichste Band Vorpommerns“ genannt. Was ist das „Gefährliche“ an euch?
Scheinbar gilt man als linke Punkband heutzutage als gefährlich – wir wurden deswegen ja mal vom Verfassungsschutz beobachtet – wenn man sich klar gegen Neonazis und Rechtsruck wendet und sich für eine demokratische Gesellschaft ohne Rassimus, Sexismus und Homophobie einsetzt. In solchem Sinne sind wir sehr gern „gefährlich“ (lacht) und benennen, woher die wirkliche Gefahr für die Demokratie droht.
Stichwort Gefahr: Als das Bauhaus in Dessau euer Konzert absagte, sahen viele die Freiheit der Kunst in Gefahr.
Zurecht! Wir hätten nicht gedacht, dass uns das Bauhaus aus Angst vor rechter Gegengewalt, aber auch auf Druck von CDU und AfD auslädt. Man sieht daran, dass der Rechtsruck selbst in der Bauhaus-Stiftung angekommen ist, was besonders schade ist angesichts der antifaschistischen und linken Tradition des Bauhauses und der dort wirkenden Künstler, die in der Nazi-Zeit als „entartet“ galten und daher verfolgt, ins Exil getrieben und zum Teil auch ermordet wurden. Das große Medienecho darauf hat uns aber letztlich genutzt. Wir fanden viel Rückhalt bei den verschiedensten Institutionen, was uns Mut gemacht hat, dann halt unser eigenes Ding aufzuziehen. So spielen wir nun am 6. November im Brauhaus statt dem Bauhaus. Wir haben den Gegenwind von rechts sozusagen umgedreht, in Rückenwind für uns und die Freiheit der Kunst verwandelt.
Ihr bezeichnet euch ja dezidiert als linke Band. Passen die Schemata von „links“ versus „rechts“ heute noch, wo es jede Menge so genannte „Querfronten“ gibt?
Da rechtes Gedankengut immer mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommt, verwischen sich in der Tat die Grenzen zwischen links und rechts. Umso wichtiger ist, dass man sich als politische Band klar gegen den Rechtsruck, der ja nicht nur bei uns, sondern in ganz Europa – und darüber hinaus – stattfindet, positioniert und für eine demokratische Gesellschaft ohne Gewalt, Rassismus und Hass eintritt. Und das kann man durchaus „links“ nennen.
Wie habt ihr euch auf eurem neuen Album weiterentwickelt?
Wir sind als Band reifer geworden, machen nach wie vor Punkrock, aber haben in einigen Songs auch Elemente von klassischem Rock, Indie und Pop. Musikalisch vereinen wir sowieso verschiedene Richtungen und Einflüsse, manche von uns könnten auch in einer Jazz- oder Soul-Band spielen. Vor allem aber ist es uns gelungen, unsere Qualitäten als Live-Band ins Studio zu bringen. Ein neues Album ist immer auch eine Art Bestandsaufnahme, wo wir gerade stehen, ein authentisches musikalisches Tagebuch dessen, was uns in den letzten anderthalb Jahren persönlich und politisch bewegt hat.
Was ist an dem Album „Sturm“ und was „Dreck“?
Der Titel und beide Wörter drücken für uns sehr eindringlich die Zeichen der heutigen Zeit aus. Beide Worte kann man in verschiedene Richtung lesen, beziehungsweise umdrehen. So ist der Sturm einerseits der Wind, der uns von rechts entgegenbläst, andererseits blasen wir selbst sozusagen zum Sturm dagegen. Auch das Wort „Dreck“ hat diese Ambivalenz. Man findet sich im Dreck der Zeit wieder, wenn man dies auf den Rassismus und Fremdenhass in unserer Gesellschaft bezieht, und „Dreck“ steht auch positiv gesehen einfach für „Punk“ und eine offensive Attitüde. Zudem fühlen wir beide Wörter, bei jeder einzelnen Geschichte dieses Albums, egal ob politisch oder persönlich.
Feine Sahne Fischfilet spielen am 29. November (Zusatzkonzert) und am 30. November (ausverkauft) in der Halle 400.
Infos und Hörproben: feinesahnefischfilet.de
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