19 Vokalensembles gaben sich bei der A-cappella-Party im Audimax maritim
Von Jörg Meyer
Kiel. Wieder mal an zwei Tagen komplett ausverkauft, und ein Motto hat die A-cappella-Party im Audimax der CAU auch in diesem Jahr. Wo sich der Kieler Matrosenaufstand zum 100. Mal jährt, rufen die 19 Ensembles ganz maritim „Ahoi!“ und sind stimmlich wie choreografisch und humorvoll durchaus revolutionär „an Deck“.
just4people, die Sanges-Regatta am Sonnabend eröffnend, spüren dem maritimen Thema in ihrer Moritat von dem Hering, der eine Auster liebt, nach und stechen mit Pudel- und Kapitänsmütze fröhlich in See, selbst wenn ihre Sopranistin nunmehr von Bord geht. Um das Ewige der Seefahrt, den schmerzlichen Abschied, geht es auch dem männerüberschuss, der Anfang 2018 gleich zwei Bässe verabschieden musste, aber nunmehr junge Verstärkung erfahren hat. „For Ever Young“ ist daher nicht bloß Pose, auch wenn „ein Seemann hat kein Zuhaus’“ – es sei denn die Förde!
Stichwort Jungbrunnen der Kieler A-cappella-Szene: Das Quartett aus Schülern und Schülerinnen des Ernst-Barlach-Gymnasiums eröffnet mit King’s Singers „Lonesome Road“ und Charles Trenets berühmtem „La Mer“ ganz neue Klanghäfen: Fo(u)r Harmony überzeugen mit für ein so junges Ensemble mehr als beachtlicher Stimmkunst. Die Entdeckung der diesjährigen ACP!
Art de Chor sind schon ein alter Dampfer der ACP und können somit zurecht behaupten „Das Meer gehört zu Kiel“, eine herrliche Persiflage auf „Marianne Matrosenbergs“ „Er gehört zu mir“. Solch maritimen Humor – und Humor kommt ja schon etymologisch vom feuchten Element her – gießen auch Quartettrapack aus, wenn sie erst Sailors „Girls, Girls, Girls“ mit choreografisch geschickt weitergereichtem Matrosen-Käppi inszenieren, und dann mit ihrem ironischen Schlager-Medley die Textsicherheit des Publikums prüfen.
Hello Musics „Moon River“ lässt derweil sehnsüchtigst träumen, und Les Humphries’ „Mexico“ inklusive Flaggenalphabet lotst nach Südamerika. Dort ist der Himmel blauer als – abgesehen von diesem Sommer – an der Förde, wie in 8erbahns bewegtem Electric-Light-Orchestra-Cover „Mr. Bluesky“. Doch nicht nur auf dem Meer sind Sound-Wogen, auch auf dem „old river“ Missouri, in dessen Wellen Combo Vocale schwojen. InTakt haben einen zünftigen „Hamborger Veermaster“ am Horizont ausgemacht, da singt man gerne mit, um hernach von der stillen Sound-Reise auf die Faröer betört zu sein. Nicht minder von „nur wirs“ Seemannslieder-Medley, eingeleitet kraftvoll vom „Das Boot“-Soundtrack. „Jetzt wird’s psychologisch, meine Herren“, sagte damals „Der Alte“ in Wolfgang Petersens Film. Hier mit dem Knorkator-Cover – besser als das Original – „Warum“.
Als sich vor 100 Jahren Matrosen gegen einen sinnlosen Krieg wendeten, konnte man nicht ahnen, dass der schon 20 Jahre später erneut sein grausames Haupt erhob. Und heute vielleicht schon wieder? Das Vokalkollektiv Nord, Opener am Sonntag, wendet sich mit Frank Tichelis „Earth Song“ dagegen und appeliert bewegend für die Menschenliebe. Von globalisiert Übersee kommt der Java-Kaffee. Im „Java Jive“ des Geriatetts, ebenfalls zum ersten Mal bei der ACP, kann man ihn aus dem Close-Harmony-Klang synästhetisch schmecken.
Alte Häsinnen bei der ACP sind Jazzica, die sich mit Johnny Cashs „God’s Gonna Cut You Down“ und Linkin Parks „Little Things Give You Away“ im widerständig brausenden Gesangsstrom gegen Trump & Co. wenden – ganz wie damals die Matrosen. Quartett Komplett empfehlen vornehmer das „Kung-Fu Fighting“, wiedermal eine gesangliche und humoristische Höchstleistung. Mit Gilbert Becauds „Adieu l’ami“ gelingt ihnen eine zarte Ballade.
Die Kollegen von Take Four überstzen Ernie Fords „16 Tons“ in Freddy Quinns „Sie hieß Mary Ann“, denn von solchen Planken kommt man „einfach nicht los“. Genausowenig à vocalo vom cool jazzigen Fluss des Klassikers „Cry Me A River“. TonArt gelingt davor mit „Sway“ von Dean Martin ein so berührender Hit mit Tanzpaar im Mambo swingend, dass man diesen Song zum besten der ganzen ACP küren möchte. Wären da nicht Multiple Voice, die mit „Human“ vom Rag’n’Bone Man und einem dagegen disco-schmissigen „Mama Loo“ von den Les Humphries Singers nochmal Seezeichen setzen, bevor EMMA mit Nirvanas „Come As You Are“ und ihrem ersten selbstkomponierten Song mit kongenialer Gastsängerin Anja die zwei maritimen Abende rund machen.
Und so sitzen (und tanzen) wir zum Abschluss-Song „on the Docks of the Bay“, „waiting“ jetzt schon auf die 30. ACP im nächsten Jahr.
Infos über die Bands: www.a-cappella-party.de
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