Der Drehbuchpreis SH schuf ein neues Film-Genre

Von Jörg Meyer

Kiel. 54 Drehbücher eingesandt, fünf daraus hat die Vorjury des von dem Verein Filmkultur SH ausgelobten Drehbuchpreises SH für die Lesung mit sechs Sprecherinnen im Studio Filmtheater ausgewählt. Um die Preise geht es nicht eigentlich, eher darum, was Film schon sein kann, bevor er als solcher auf der Leinwand ist.

„Ums Erzählen“, weiß Initiator und Vereinsmitglied Christian Mertens. Technik hin oder her, was zählt, sei die Geschichte. Filmkultur SH will gleich zu Anfang Filmideen fördern – und das ist eben das noch nicht verfilmte Drehbuch. 1000 Euro hat die Peter und Elke Stoffers Stiftung als Hauptsponsor dafür bereitgestellt, ein Startgeld, das die prämierten Filmentwürfe in ihrer Realisierung anschieben soll, begleitet von Workshops und Seminaren, die den Filmemacherinnen zur Seite gestellt werden, auch dem lediglich lobend erwähnten „Später, mit Hut“ von Aniss Taibi über eine schwierige Familienkonstellation, das der Jury (Bernd-Günther Nahm, ehemaliger Leiter der Filmwerkstatt Kiel, Dokufilmemacherin Rosa Hannah Ziegler, Drehbuchautorin Ruth Toma) „wie ein Rohdiamant, der noch geschliffen werden muss“ erschien.

Drehbuchpreis-Gewinner Robert Köhler (links) Mitinitiator Christian Mertens und das sechsköpfige Leseteam präsentierten das Drehbuch „Boje“. (Foto: Sascha Witt)

Daneben lesen Björn Beton (Fettes Brot), Marko Gebbert (Schauspiel Kiel), Synchronsprecherin Liza Ohm, Sarah Vogel, ehemals delta radio, Samuel Bereuther, Filmemacher, und Schauspielerin Ritta Hegnet-Kristensen „Sch(t)rebergarten“ von Jantje Knecht über einen Nerd, der als Außenseiter Unterstützung von der mutigen Jule erfährt. Mutig ist auch die Julia in Jackie Gillies’ „Ein Anruf“, welches dialogreiches Drehbuch reflektiert, wie wir vorurteilen über Flüchtlinge und Neo-Nazis und darin zunehmend unfähig werden, Widerstand gegen rechts zu leisten. Hochpolitisch ist auch „Saustall“ von Luka Peltzer, wenn darin radikale Tierschützer „alternative Fakten“ schaffen, um gegen Massentierhaltung zu demonstrieren.

Preisstifter Peter Stoffers (Mitte) überreicht den Drehbuchpreis SH an Andreas Cordes (links) und Robert Köhler. Die Jury (Rosa Hannah Ziegler, Ruth Thoma, Bernd-Günther Nahm) und Mitinitiator Christian Mertens freuen sich mit. (Foto: Sascha Witt)

Alles sehr gute Drehbücher, denen das zarte „Boje“ von Robert Köhler und Andreas Cordes obsiegt. Die Geschichte über Vater und Sohn, die sich Flaschenposten über die elementaren Fragen des Lebens, „Wo war ich vor meiner Geburt?“, „Woran erkennt man Unendlichkeit?“ und „Wie erkenne ich, dass ich jemanden liebe?“ zusenden, überzeugte das Publikum mit dessen Preis wie die Jury.

Dieser Sieg aber nicht nur für dieses Drehbuch, auch für die neue Form, die Filme im Kopf-Kino komplett entstehen lässt, ohne dass man ein einziges Filmbild sieht. Das ist das Große, was der DPSH erzeugt, in einem neuen Filmformat – der szenischen Drehbuchlesung.

Infos: www.filmkultur.sh/dpsh