Fjarill begeisterten im ausverkauften Kulturforum

Von Jörg Meyer

Kiel. „Midvinter“ (Titel der jüngsten Single) und „Midsommar“ (so heißt das im Mai 2019 erscheinende neue Album), Winter- und Sommersonnenwende, sind für das Duo Fjarill ein und dasselbe: eine „Stilla Tyd“ der Sinnlichkeit und Besinnung. Auch astronomisch gesehen gibt es da keinen Unterschied, denn wenn sich in der schwedischen Heimat von Pianistin und Sängerin Aino Löwenmark die Sonne zum Winter neigt, steht sie in Geigerin und Sängerin Hanmari Spiegels südafrikanischer Heimat am höchsten. So verbinden Fjarill im ausverkauften Kulturforum beide Sonnenwenden, Norden und Süden, in ebenso sanft verträumten wie kraftvoll aufblühenden Liedern.

Das wird schon in den ersten beiden Songs deutlich. „Limu limu lima“, ein schwedisches Volkslied aus dem 15. Jahrhundert, das eigentlich vom Sommer handelt, könnte in seiner träumerischen Atmosphäre mit Gitarrenhall statt Geige auch ein besinnliches Weihnachtslied sein. Das folgende „Karussel“ dagegen kreiselt so wirbelnd fröhlich, dass man an ausgelassene Sommertänze denkt. Ein Symbol für die Jahres- und Lebenskreise ist es zudem. Mehr sinnenfroh tänzerisch als nordisch besinnlich geht es auch in „Varaz“ zu, ein Plädoyer für das in sich selbst Sein und Ruhen, wie Löwenmark das Lied anmoderiert. Und nicht zuletzt eines, das im quirligen 6/8-Takt recht wild sein kann. Dann ein Sprung auf die südliche Halbkugel, wo in „Mapefo“ die (Gegen-)Winde mal aufbrausen, mal in säuselnden Terz-Harmonien der Gesangsstimmen wie ein warmer Hauch und Atem wirken.

Fjarill – Aino Löwenmark (rechts) und Hanmari Spiegel (Foto: Steven Haberland)

Voll von solchen nur scheinbar gegensätzlichen Gefühlen und sinnlichen Empfindungen sind Fjarills Lieder, da fragt Löwenmark, ob es denn auch Intellektuelle im Publikum gebe, jene „Brillenträger“, die jedes Gefühl denkend zerlegen. Auch die möchte das Duo vom Nachsinnen in die Sinnlichkeit entführen – mit der Vertonung eines Gedichtes des schwedischen Nobelpreisträgers Pär Lagekvist, den hier doch gewiss jeder kenne, so Löwenmark augenzwinkernd. Nun, wer ihn noch nicht kannte, kennt seine wundervoll fließende Lyrik jetzt, genauer: wird davon direkt ins Herz getroffen. Eines der schönsten Lieder des Abends, neben dem auf Deutsch vorgetragenen Schlaflied „Good Night“, bei dem das ergriffene Publikum gemäß Löwenmarks Diktum „Singen ist Silber, Zuhören ist Gold“ andächtig lauscht.

Doch der Winterabend ist noch jung, noch keine Zeit zum Schlafen. Eher zur Reflektion über die Zeit selbst, die allzu schnell läuft und verrinnt wie im eilenden „Tiden“ und darauf in „Tydloos“ in den zarten Klängen der Sansula (Daumenklavier) ihre zeitlos ewigen Dimensionen entwickelt. Und es ist Zeit für Winterfreuden, wo die Schneeflocken im Fjarill-Hit „Lössnön“ auf den Klaviertasten tanzen und glitzern. Alles ein Ausdruck des „Wunders Leben”, das in der ersten Zugabe „Jag lever“ besungen wird. Ein energetisches Sommerlied, das gleichwohl zur Weihnacht passt, denn um das Wunder und Geschenk des Lebens geht es ja auch bei solchem Wiegenfest.

Und um Frieden. Im südafrikanischen Volkslied „Ukuthula“, ebenfalls ein Fjarill-Klassiker, wird um solchen gebeten. Wenn das Publikum begeistert und beseelt in den Refrain einstimmt, dann sind Winter und Sommer und alle Mitsänger mit Fjarill vereint.

Links:

„Good Night“ (deutscher Text): „Bootleg“ Kulturforum Kiel, 22.12.2018

„Ukuthula“: „Bootleg“ Kulturforum Kiel, 22.12.2018

Infos und Hörproben: fjarill.de