Das musikalische Schauspiel „Mythos Django Reinhardt“ geriet im Rendsburger Stadttheater zum bloßen klingenden Bilderbogen

Von Jörg Meyer

Rendsburg. Da steht er buchstäblich oben auf dem Jazz-Olymp: Django Reinhardt. Das Quintett wie einst in den Pariser Hot Clubs der 30er und 40er Jahre spielt die Musik, die er begründete, den Gypsy Swing. Ein theatralischer Moment, fast der einzige in Peter Baumanns als „musikalisches Schauspiel” tituliertem „Mythos Django Reinhardt – Oder: Der Mann, der um sein Leben spielte“.

Mythen wollen entsockelt, ins Reale zurückgeholt und dort neu erfahrbar werden. Das haben auch Autor Peter Baumann und Regisseur Peter Grisebach vor und finden als Eingangsszene dafür ein ganz hübsches Bild: Django, dessen Band die „Echoes of France“ spielt, eine verjazzte Version der Marseillaise, die Reinhardt 1945 zur Befreiung von Paris komponierte, und die kurz darauf verboten wurde, weil man Nationalhymnen nicht verjazzen darf, steigt vom Jazz-Olymp hernieder. – Um fortan wie ein geölter Conférencier durch „Spotlights“ seines Lebens zu führen.

Letzteres findet man auf Google und Wikipedia ausreichend ausführlich beschrieben, viel mehr bringt Baumann auch nicht, bis auf ein paar Anekdoten. Die von der Band im steten Wechsel recht artig im Reinhardt-Sound gespielten Klassiker von „Bei mir bist’de scheen” über „All of You“ bis zu den auch nur recht milde glühenden „Schwarzen Augen“ finden sich bei Youtube in weitaus swingenderen und spritzigeren (Original-) Versionen. Den Abend im gut besuchten Rendsburger Theater hätte man sich also sparen können, das Netz liefert Differenzierteres über Django.

Mancher aber geht ins Theater, um mehr zu erfahren, als schon überall berichtet steht. Mehr von einem wechselvollen und auch zerrissenen Leben eines Ausnahme-Musikers, der aus seinen Handicaps (bei einem Brand verkrüppelte Hand, fortwährend auf der Flucht vor, aber notgedrungen auch im Bunde mit den rassistischen Nazi-Schergen) ganz neue Spieltechniken auf der Gitarre und damit einen wegweisenden Sound im Jazz entwickelte.

Drei Finger hat die Gitarren-Hand: René Rollin als Django (Foto: Landestheater SH)

Lässt sich René Rollin als Django im weißen Gigolo-Anzug mit Whisky-Glas in den Sessel sinken, zündet sich die Zigarette dann doch nicht an und lauscht seinen Songs nach, ist das ohne Leidenschaft. Wenn, dann sichtbar nur gespielt, statt empfunden. Im häufig übersteuert erzählenden Monolog versucht Rollin geradezu verzweifelt, Theater in seinen von Baumann vorgeschriebenen Wiki-Text zu bringen.

Band authentisch … (Foto: Landestheater SH)

So freut man sich, wenn gleich wieder Musik kommt. Im Quintett spielen immerhin zwei Sound-Zeugen und Erben Djangos: Gitarrist Gigi Reinhardt und Martin Weiss auf der Violine, die der von Djangos Weggefährten Stéphane Grapelli nahekommt. Kay Franzen am Klavier, Bassist Kai Stemmler und Peter Baumann an den Drums wollen mithalten, was zumindest laut Szenenapplaus gelingt.

Band also okay. Doch mit Theater, geschweige Revue, hat diese Collage wenig zu tun. Gleichwohl regt sie an, sich mit Django Reinhardt – der hier eben nie um sein Leben spielt – und seiner Musik näher auseinanderzusetzen: Im Netz, nicht unbedingt im Theater.

Weitere Aufführungen: Fr, 11.1. im Schleswiger Slesvighus, Sbd, 12.1. im Flensburger Stadttheater, jeweils 19.30 Uhr. Infos und Karten: www.sh-landestheater.de.