Eine kleine Polemik zum Ende der Buchhandlung Cordes
Von Helmut Schulzeck
Kiel. Die ehemals durch ihre Autorenlesungen bundesweit bekannte und deshalb beinah als legendär beleumundete Kieler Buchhandlung Cordes in der Willestraße wähnten viele ihrer früheren Fans und treuen Kunden schon seit etlichen Jahren unter den lebenden Leichen. Lange bevor sie nun tatsächlich zum Jahreswechsel das Zeitliche segnete.
Selten entdeckte man auch nur irgendeinen Käufer im Laden, wenn man im Vorübergehen durch das große Schaufenster ins Geschäft lugte. Längst schon schien die Bücherstube ihre gemütliche, literarische Atmosphäre der intellektuellen Neugierde und geistigen Regsamkeit, die diese räumlich kleine Buchhandlung einst besonders vor allen anderen am Orte auszeichnete, verloren zu haben. Anstatt dessen verströmte der Laden nun paradoxerweise in einer Art alphabetisierender Agonie die morbide Indifferenz einer auch unanwesenden 2.0-Antiprint-Leserschaft, die mit gespielter Mitleidsattitüde auf die schwindende Gruppe der Bücherfreunde zurück blickte und das Buch bestenfalls noch als nostalgisches Dekorationsteil fürs Wohnzimmer des gehobenen Mittelstandes begriff.
Die Bedienung schien sich in dieser trüben Einöde ihre vier Buchstaben platt zu sitzen. Ob sie die Besitzerin war, wusste niemand zu sagen, denn praktisch traute sich, wie schon bemerkt, kaum noch jemand ins Geschäft, aus Angst, auch ihn würde die unendliche Trübsal ergreifen, die diesen Raum zu beherrschen schien. Ja, zeitweilig ging sogar selbst unter städtischen Beamten aus dem benachbarten Rathaus, die einst zur zahlreichen Stammkundschaft gehört hatten, das traurige, unglaubwürdige Gerücht um, dass es sich bei dem Laden jetzt um ein geschickt getarntes Lobby-Büro einer bibliophoben Organisation handeln würde, die mit der ’Ndrangheta aus Kalabrien in Verbindung stünde.
Wie dem auch sei, das offizielle Ende der Buchhandlung Cordes kann niemanden überraschen, wenn man bedenkt, wie tüchtig und kreativ Oberbürgermeister und Stadtbaurätin darum bemüht sind, mit zahlreichen städtebaulichen „Glanzleistungen“, zu denen an vorderster Stelle die Schaffung des Kleinen Kiel-Kanals zählt, die Kieler Innenstadt zu beleben.
7. Januar 2019 um 19:35
Das ist Quatsch. Von der Buchhandlung ging in der Zeit nach Cordes nichts mehr aus. Da muss man sich, so wie Erichsen es erfolgreicher vormacht, um Kunden kümmern und sich sichtbar positionieren. Dann haben gerade die kleinen Buchhandlungen Vorteile gegenüber den Ketten.
31. Januar 2019 um 17:04
Also: es ist ja interessant für was alles die Baustellen in der Innenstadt so herhalten müssen. Das geht nach dem Motto, der Meinende ist dem Wissenden überlegen. Für nahezu jedes unternehmerische Versagen, für den Wandel am Handelsplatz City sind die Baustellen verantwortlich. Lächerlich. Die Zählungen haben doch ergeben, dass trotz Baustellen die Besucherzahlen in der Innenstadt nicht nachgelassen haben.
Wichtig scheint mir beim Wandel in der Innenstadt nicht ausschließlich auf den Handelsplatz City zu setzen. Es müssen endlich die Bebauungspläne verändert werden. Die zahlreichen Leerstände in den Geschäftshäusern ab dem ersten Stock müssen helfen die Wohnungsnot zu ändern. Da muss das Planungsrecht den Gegebenheiten endlich angespasst werden.
Der Kleine Kiel Kanal wird eine absolute Bereicherung für die Innenstadt sein. Die Aufenthaltsqualität wird damit ausgebaut. Einher gehen viele Millionen-Euro-Investitionen der Anlieger in ihre zum Teil altersschwachen Immobilien. Wunderbar. Besser geht es nicht. Und das Bauarbeiter etwas zu tun haben, ist doch auch nicht von schlechten Eltern. Die Innenstadt ist auf einem guten Weg. Den erreicht man bekanntlich nicht durch Stillstand, sondern durch Veränderung! Die Dauernörgler-Fraktion sollte mal in sich gehen.