Haley McGees irritierendes Solo „Meine Irma, Deine Irma“ als sanftes Drama im Schauspiel-Studio

Von Christoph Munk

Kiel. Damals, beim 8. Thespis Monodramen-Festival 2012 kobolzte die junge Kanadierin Haley McGee über die Bühne des Kieler Schauspiel.-Studios. Das war so überraschend, so frech, so frisch, so irritierend und messerscharf, dass das Festivalpublikum ihr Stück und ihre Performance sofort ins Herz schloss. Und auch die international besetzte Jury zögerte nicht, ihr den Ersten Preis zuzuerkennen, den sie gern mit dem jungen Tunesier Meher Awrachi teilte, der mit seiner ganz andersartigen Produktion ebenso talentiert und eigenständig agierte.

Verzweifelt auf Suche: Agnes Richter als Mission Bird. (Foto Struck)

„Oh my Irma“ hieß das forcierte Solo. Aber was war das für eine Geschichte? Verbrecherische Spuren wie das Blut auf einem weißen Frackhemd waren vorhanden. Ebenso wie Verdächtigungen und Anschuldigungen gegen einen unangenehmen Nachbarn, möglicherweise ein Killer, der den Tod der geliebten Mutter, eben Irma, auf dem Gewissen haben könnte. Aber Mission Bird, wie das junge Mädchen mit den dicken Gläsern in der geflickten Brille hieß, suchte ebenso nach Gewissheiten wie das Publikum, wenn es im Erzählfluss immer wieder nach dem roten Faden fischte. In verzweifelter und heiterer Liebesmüh stolperte  die Akteurin wie ihr Auditorium durch eine aberwitzige Handlung.

Jetzt, in der „Reihe 17“ des Kieler Schauspiels, wo in der Übersetzung der Kielerin Nele von Müller das Stück unter dem Titel „Meine Irma, Deine Irma“ als Deutschsprachige Erstaufführung behauptet wird – obwohl es vor rund einem Jahr in Fürth eine Präsentation gab – fängt Agnes Richter ihre Zuschauer mit anderen Mitteln ein: äußere Spannung, Anteilnahme und Appelle an den Beschützerinstinkt. So dürfte man die Schauspielerin noch nie gesehen haben. In ihren über 15 Jahren im Kieler Ensemble wuchs Agnes Richter  in die großen dramatischen Rollen und die gereiften Frauenfiguren hinein, um nun, geführt von der Regisseurin Jule Gröning, ein glaubhaft jugendliches Bild burschikoser Naivität zu entwerfen.

Wer würde dieses Mädchen mit dem forschen und doch furchtsamen Blick nicht in sein Abenteuer begleiten wollen? Mit der Hartnäckigkeit, behutsam, aber entschlossen immer weiter ins Dickicht der Story vorzudringen und deren dunklem Urgrund langsam auf die Spur zu kommen, fasziniert sie unmittelbar. Denn dank ihrer Fähigkeit, Gefühle und Stimmungen ohne Künstlichkeit zu vermitteln, schafft Agnes Richter eine intime Nähe zu jener Mission Bird, und bewahrt ihr doch die tiefsten Geheimnisse. Man könnte an dieser Figur jene leichtfertige Ironie vermissen, mit der Haley McGee in ihren eigenen Aufführungen schrägen Humor versprüht. Und doch holt sich Agnes Richter  mit einem berührenden, weil unaufwendige Stückchen wahrhaftiger Darstellung großen Beifall.

Info und Termine: www-theater-Kiel.de