Das dänische Jazzquartett Night Repair debütierte im Lutterbeker
Von Jörg Meyer
Lutterbek. „Ich möchte den Zuhörer überwältigen – mit möglichst einfachen Mitteln“, sagt der dänische Saxofonist Martin Stender über sein neues Projekt Night Repair. Zusammen mit Henrik Olsson (Gitarre), Jeppe Skovbakke (Kontrabass und Elektronik) und Sean Carpio (Schlagzeug) gelang ihm das im gut besuchten Lutterbeker auf ganzer Linie.
Die „Überwältigung“ klingt dabei im Opener „Mystic Stuff“ gar nicht so brutal wie das Wort, sondern seltsam sanft. Stender bläst sein Saxofon mit viel Hauch. Dabei entsteht ein rauer, aber auch brüchiger, zuweilen sphärischer Sound. So schwebend er damit zwischen Schon und Noch-Nicht ist, ruht er dennoch auf dem Fundament eines fest geerdeten Synthie-Bass-Orgelpunkts.
Dieser Kontrast wirkt in der Tat überwältigend bis berauschend, zumal wenn in „Heto Dwell“ ein weiterer Kontrast aufgemacht wird – zwischen recht einfachen Riffs und Loops auf Gitarre und Bass gegenüber einer zunehmenden rhythmischen und klanglichen Verdichtung, die bis an die Grenzen des Chaotischen geht. Auch die weiteren Stücke changieren zwischen Erdenschwere und sphärischer Leichtigkeit, hoch komplexen und minimalistisch reduzierten Strukturen.

Night Repair: (v.l.) Martin Stender (sax.), Jeppe Skovbakke (b.), Sean Carpio (dr.), Henrik Olsson (g.) (Pressefoto)
Auch wenn wie in „Tilulli“ zuweilen mal ein klassisch swingender Rhythmus auftaucht, um gleich wieder im „rasenden Stillstand“ zu verschwinden, ist das weit vom herkömmlichen Jazz-Idiom entfernt, besser gesagt: erweitert dieses um Elemente, wie man sie von elektronischen Ambient-Sounds und Neuer Musik kennt. Besonders die Klangforschung der letzteren übernimmt Night Repair. So kommt „Krom 1“ mit einem sehr begrenzten Tonumfang aus. Alles kreist um einen einzelnen stehenden Zentralton, der sich in seiner Klangfarbe stetig wandelt. Das wirkt nicht nur wegen des indischen Akkordeons, das Stender hier neben dem Saxofon spielt und nach dem das Stück benannt ist, geradezu wie ein Mantra.
Davon „überwältigt“ und in Klanghypnose versetzt, wird der Zuhörer am Ende aufgeweckt mit dem kurz und bündigen „Jump Shot“ sowie „C/B“, das Drummer Carpio mit einem verzwickten Solo featuret. Was haben wir da eben geträumt? – Vielleicht sogar die Geburt einer neuen Form des Jazz.
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