Pianist Alexander Krichel stellte sein Album „An die entfernte Geliebte“ in der Konzertreihe Eckernförde vor
Von Jörg Meyer
Eckernförde. Seine Großmutter, so berichtet der Hamburger Pianist Alexander Krichel, habe ihm gewünscht, er möge auf der Bühne immer er selbst sein. Mit seinem Anfang Februar bei Sony Classical erschienen Rezital „An die ferne Geliebte“, das er in der Konzertreihe Eckernförde in der Stadthalle vorstellte, realisierte er diesen guten Wunsch.
Titelstück, aber nicht Zentrum seiner Liebeserklärung an die romantische Klaviermusik sind Beethovens sechs Lieder, op. 98 an eine imaginäre „ferne Geliebte“ (nicht zu verwechseln mit denen an die „unsterbliche“ Nämliche). 1816 schuf Beethoven damit ein neues Genre, transkribiert für Klavier solo von Franz Liszt. Fern verliebte Melancholie und romantisches Pathos verbinden sich darin, von Krichel allerdings ohne das zu Große solcher Gesten munter bis fröhlich ertastet. Auch Fritz Kellers „Liebesleid – Liebesfreud“ in der ruppig burlesken Transkription von Rachmaninow legt sich nicht in die weiche Steilkurve des Sehnens, vielmehr unter Krichels behenden Fingern in ein Virtuosentum, das nicht bloß sich feiert, sondern eine zurückhaltend geheime Ode an die geliebte Musik ist.
Auch in Wagners „Isoldes Liebestod“ aus der Oper „Tristan und Isolde“, von Wagner-Freund Liszt sinfonisch „fett“ transkribiert, gibt sich Krichel nicht solcher ganz großen Geste hin. Vielmehr arbeitet er das als „unendliche Melodie“ wiederholte Liebestod-Motiv gleichsam fugisch heraus. Bach steht da Pate, ohne genannt zu werden. Das übergroß Sinfonische, Operable bricht Krichel damit herunter auf die Grundfesten allen Musizierens und die Liebe dazu – die strenge, fast barocke Polyphonie.

Erläuterungen zu den gespielten Werken gehören zu seinem Konzertkonzept: Alexander Krichel. (Foto: ögyr)
In der zweiten Hälfte dann das eigentliche Werk seiner neuen CD: Schumanns „Symphonische Etüden, op. 13“. Ein frühreifes Jugendwerk, das Schumann sein kurzes Leben lang immer wieder bearbeitete, ergänzte und perfektionierte. Vielleicht ein Lebenswerk? Krichel spielt es in der postumen Version, eingefügt fünf Etüden, die in der ursprünglichen Fassung von 1833 noch nicht enthalten waren, das Werk aber sinfonisch umso logischer machen.
35 Minuten Liebe zu einer entfernten und hier doch unmittelbar nahen Musikgeliebten, die aus einem einfachen Trauermarsch-Thema einen ganzen Klangkosmos zu entfalten weiß. Viele Gelegenheiten, als Virtuose und Tastenakrobat zu glänzen. Krichel widersteht solchem Reiz. Er musiziert trotz „con espressione“-Fieber mit kühlem Kopf und doch brennendem Herzen.
Infos und Hörbeispiele: alexanderkrichel.de
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