René Marik zauberte mit seinen Puppen im Schloss
Von Jörg Meyer
Kiel. Von einem verzauberten Jungen singt Nat King Cole in „Nature Boy“, und es kommt nicht von Ungefähr, dass René Marik diesen Song zu Beginn seiner Puppen-Show „ZeHage!“ singt. Denn auch in der geht es um Zauberei – den Zauber, der seinen Puppen-Charakteren „Maulwurfn“, Eisbär Kalle, Frosch Falkenhorst und nicht zuletzt dem Hass-Kasper auf ihrer Reise quer durch das populäre Kulturerbe Leben einhaucht.
Beginnen wir klassisch, denkt sich Maulwurfn, und stolpert lispelnd und stotternd durch Shakespeares „Hamlet“, „Richard III.“ und Goethes „Faust“. Auch so ein Theaterzauber, dass diese bereits als zweiminütige Miniaturdramen kenntlich sind. Das liegt am kulturellen Gedächtnis der meist erwachsenen Zuschauer, all das schlummert in uns und muss nur aufgeweckt werden. So auch, wenn „Froschn“ mit pastoralem Pathos aus der „Fibel“ liest: „Am Anfang war der Buchstabe A!“ Oder – deus ex Machina – Darth Vader aus „Star Wars“, Winnetou und Old „Schett-ger-gage“, der Geist aus Aladins Flasche, das weiße Kaninchen aus „Alice im Wunderland“ und, ebenfalls gar nicht fernliegend, Cindy aus Marzahn, mit der sich der freche Kalle ein berlinerndes Wortgefecht liefert.
René Marik ist ein Künstler der Andeutung. Nicht nur dass das Fischen in der (pop-) kulturellen Matrix mit ganz kurzen Angeln und „Key-Words“ funktioniert. Auch seine Plüschpuppen sind äußerst einfach gestrickt, und es genügt seine knautschende Hand in ihnen, um selbst Mimik und Gestik zu evozieren. Und wenn da die Pappkulisse eines Schiffs hinter der Wand des Kasperletheaters versinkt, sind wir flink auf die Titanic versetzt und in Maulwurfns Buchstaben-Stotter-Kampf mit dem Schwert Excalibur an Artus’ Tafelrunde. Nur wenige Requisiten reichen zur erneuten Verwandlung: Ein Pappgewehr und ein rotes Stirnband, schon wird aus Maulwurfn der rächende Rambo.
Zuweilen haben die Minidramen auch tiefes symbolisches Potenzial. Etwa wenn Maulwurfn staunend eine Matroschka auseinandernimmt (mit nur einer Hand übrigens eine fast akrobatische Puppenspielleistung): Wie beim Menschen steckt eine Figur in der anderen, etwa das „innere Kind“, das Marik hier gleichsam puppenpsychologisch zum Vorschein bringt. Manchmal ist er selbst erstaunt von der großen Wirkung kleiner Mittel. „Was für ein Quatsch“, sinniert er, kurz aus der Rolle fallend. Aber alles andere als bloß Quatsch, wenn gegen Ende die Moral all dieser Geschichtchen folgt. Der Hass-Kasper zeigt den Figuren und uns die „Matrix“, in der wir uns alle befinden, eine Scheinwelt, die hier doch so wirklich wirkt. Und da möchten wir wie der Held in „Matrix“ doch lieber die blaue Pille der Illusion schlucken, denn die rote der Erkenntnis ruht genau in ihr.
Infos und Videos: www.renemarik.com
Schreibe einen Kommentar