Christoph Munk inszeniert am Theater Die Komödianten die Geschichten um den Lügenbaron Münchhausen als Gerichtsfarce

Von Hannes Hansen

Kiel. Nein, nein, nein, ein Lügenbaron will er nicht sein, dieser Karl Friedrich Hieronymus von Münchhausen. Lügen habe er nie erzählt, behauptet er, bestenfalls ein paar Schnurren im Kreise seiner Freunde bei einem Glas Rotwein am heimatlichen Kamin seines Schlosses im braunschweigischen Bodenwerder. Und weil er um seinen guten Ruf  besorgt ist, lässt er nun, über zweihundert Jahre nach seinem Tod im Theater „Die Komödianten“ Klage vor Gericht erheben.
Münchhausen und sein Anwalt führen an, die meisten der Lügengeschichten, die man dem Baron zuschreibt, seien erstunken und erlogen von einem windigen Gelehrten und Dieb namens Rudolf Erich Raspe, der sie in England unter falschem Namen veröffentlichte. Was nun wieder den deutschen Dichter und Schreiberling

Horst Stenzels Münchhausen erzählt. Foto: Thomas Eisenkrätzer

Gottfried August Bürger veranlasste, diese Geschichten, angereichert um ein paar weitere dreiste, dem Baron zugeschriebene Lügenmärchen, ins Deutsche zu übersetzen. Ob hinter all dem nicht auch die Madame Pompadour, die Geliebte des französischen Königs, der ja bekannter Maßen den Deutschen gerne etwas am Zeug flicke, müsse man auch noch überlegen.
Als Zeuge der Anklage droht Münchhausen nun, sich um Kopf und Kragen zu reden, und erzählt mit Gusto gerade jene Abenteuer, als deren Urheber er nicht gelten will und die wir seit Kindeszeiten kennen: die Geschichte vom im Schnee an der Kirchturmspitze festgebundenen Pferd, der Ritt auf der Kanonenkugel, der Hase mit den acht Beinen und und und. Querbeet durcheinander wirft er angeblich Selbsterlebtes und von den Herren Raspe und Bürger Erfundenes und erzählt beides mit gleicher Lust am Fabulieren.
Auf fast leerer Bühne hat Münchhausens Anwalt Mühe, die Erzählungen seines ungebärdigen Mandanten als Sieg der Phantasie über die Realität zu erklären. Was diesen nun dazu veranlasst, seinem Rechtsbeistand ein ums andere Mal in die Parade zu fahren und gerade jene Geschichten als wahr zu bezeichnen, die er eben noch als Lügengespinste gebrandmarkt hat.

Kleines Hornkonzert der aufgetauten Töne

Horst Stenzel, der zusammen mit Regisseur Christoph Munk die Bühnenfassung „Münchhausen – ungelogen“  für das Theater Die Komödianten erarbeitet hat, ist dieser Münchhausen und zugleich sein Anwalt. Eine glückliche Lösung der Dialogsituation, ermöglicht sie doch dem Schauspieler, blitzschnell zwischen beiden Rollen zu wechseln und mit dem Tausch einer Kopfbedeckung oder eines alten verschlissenen Hausmantels (Kostüme: Moritz Vollmers) die Zeitebenen zu verbinden. Mit ungeheurer Spiellust treibt Horst Stenzel diesen ständigen Wechsel voran, bleibt hier als Anwalt kühl distanziert, dort als Münchhausen abwechselnd enthusiasmiert oder echauffiert. So lange, bis sich die Grenzen verwischen, die Personen verschmelzen und nicht nur ihm, sondern auch dem Zuschauer Hören und Sehen vergeht. Die Grenzen zwischen Realität und Phantasie verschwimmen und weder Münchhausen noch sein Anwalt noch das Publikum wissen, wo wir gerade sind und wir konstatieren beglückt den Sieg der beschwingten Einbildungskraft über die plattfüßige Wirklichkeit.
Leichtfüßig also kommt dieser „Münchhausen – ungelogen“ daher. Und der begeisterten Reaktion des Publikums nach zu urteilen, könnte Christoph Munks und Hors Stenzels Bühnenversion zum Dauerbrenner bei den Komödianten werden.

Termine: www.kielertheater.de