Liebe Leser*innen und Freunde unseres Blogs,
in Zeiten der Corona-Krise ist es nicht weit her mit unserer Kulturberichterstattung. Dafür, so hört man, lesen die Leute wieder mehr. Und deshalb haben wir uns entschlossen, unseren Blog auch literarischen Texten zu öffnen. Den Anfang machten wir vor ein paar Tagen mit einem Gedicht von Wolfgang Butt, in Kiel bestens bekannt als ehemaliger Professor für Skandinavistik und als Verleger. Heute folgt ein noch nicht veröffentlichter Kurztext von Hannes Hansen aus der Reihe „Spanische Augenblicke“.

Ein Toter in Malpica

Von Hannes Hansen

Malpica (Foto: Javier C)

Auf der Treppe zum Hafen stehen die Männer in drei Reihen und schauen aufs Wasser. Unvermittelt fällt einer um. Die Männer schreien durcheinander, schwarz gekleidete Frauen eilen herbei. Kreischend fliegen die Möwen, vollgestopft mit Fischabfällen, von den Booten auf. An den Molen holen Halbwüchsige ihre Angelleinen ein. Ihre jüngeren Geschwister, die am inneren Hafenbecken Krebse gefangen haben, machen es ihnen nach.

Ein Arzt kommt und untersucht den Zusammengebrochenen. Bedauernd hebt er die Hände. Zwei Männer tragen den Toten hinauf in die Stadt. Eine halbe Stunde später hat ein anderer die Lücke geschlossen. Es ist wie immer: Vorne stehen die Alten, hinten warten die Jungen darauf, dass sie alt werden, in die erste Reihe rücken und sterben.