SHMF-Konzertreihe „Moondog“ im „Sommer der Möglichkeiten“
Von Jörg Meyer
Hamburg. Das Konzerterlebnis live und vor Ort, wegen Corona zur Zeit nicht möglich, lässt sich im Internet nicht wirklich abbilden. Das zeigten auch drei Konzerte aus der SHMF-Reihe zu Werk und Nachwirken des New Yorker Musikers Moondog, die am Sonnabend eben nicht zur Aufführung kamen, sondern aufgezeichnet im Hamburger Oberhafenquartier und dem Dockland auf www.moondog.city (dort auch weiter verfügbar) freigeschaltet wurden.
Musik an ungewöhnliche Orte zu bringen, ist ja eine der Grundideen des SHMF, aber um diesen Raum erfahrbar zu machen, muss man im Virtuellen zu digitalen „Tricks“ greifen. Im ersten Konzert, in dem der Gambist Liam Byrne und vier Streicher des Podiums Esslingen das „Tessellatum“ des Iren Donnacha Dennehy „im Geiste Moondogs“ zu Gehör bringen, sind dies Avatare der Musiker, die sich vielfach spiegeln und aus mehreren Perspektiven umkreisen. Diese in Kooperation mit dem VRHAM! Festival inszenierte Ästhetik von 3D-Videospielen kontrastiert eigentümlich mit der Musik, die neben Minimal Music vor allem auf Naturtonreihen und Anklängen an barocke Concerti beruht. Oft sind die visuellen Mittel so dominant, dass die Musik als bloßer Soundtrack entrückt ins Virtuelle erscheint.
Anders im zweiten Konzert „Moondog: New Sound“, präsentiert auf selten gehörten Instrumenten wie dem Indischen Harmonium und Moondogs selbst entwickeltem Schlaginstrument Trimba vom Ensemble Minisym: Hier bildet die weltläufige Hafenkulisse die passende Szenerie für Moondogs weltmusikalisch inspirierte Musik. Vom Hafen als kulturellem und akustischen Schmelztiegel aus geht die Reise zum amerikanischen und irischen Folk, zu Balkan-Sounds sowie Afro- und asiatischen Rhythmen.
Noch am schlüssigsten verbindet Raum, Bewegtbild und ambiente Elektronik-Klänge von Synthie und elektromechanischer Perkussion das „Shadow Ballet“ des Elektro-Duos Joasihno und der Installations-Künstler Stina Kurzhöfer und Achim Kirsch. Grafisch stilisierte Tanzfiguren letzterer werden von zufällig durch den Raum geisternden Staubsaugerrobotern, auf die Beamer montiert sind, an ständig wechselnde Orte projiziert. Ein audiovisuell ansprechendes Experiment, das aber das Live-Erlebnis nicht ersetzen kann – wohl auch nicht will.
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